Von Angela Franz-Balsen.
Für ambitionierte und experimentierfreudige Hobbyköchinnen und –köche gibt es eine neue Adresse in Brüssel, die Maison Michèle Gay in der Nähe der Place Châtelain. Dort können sie sich in die „Parfumerie culinaire“ einführen lassen, die Geruch und Geschmack von Speisen in ganz ungeahnte Richtungen entwickelt. Belgieninfo war bei einer Masterclass dabei.
Samstagvormittag in einem kleinen, in luftigen blau-weiß-Tönen dekorierten Ladenlokal auf der Ecke Rue du Tabellion und Rue Franz Merjay in Ixelles. Dessen Inhaberin Michele Gay sitzt an einem Sekretär und trifft letzte Vorbereitungen für einen Kurs, der Baustein einer mehrteiligen Masterclass ist. Zwei Jahre nach der Eröffnung ihrer Atelier-Boutique ist das Angebot an Kursen und Veranstaltungen der in Paris ausgebildeten Modeexpertin und Parfumeurin schon sehr vielfältig und auch gut nachgefragt, es reicht von Schnupperkursen über Lunch-Werkstätten bis zum Catering bei privaten oder professionellen Anlässen.
Heute also ein Kurs für Fortgeschrittene, es geht um „accords floraux“, das Geheimnis von Duft und Geschmack blumig-leichter Pflanzenaromen. Bei einer Tasse Jasmintee und rosafarbenen Butterkeksen, die mit der exotischen Parfumnote „vétiver“ bekannt machen, berichten Teilnehmerinnen, wie sie den bisherigen Lernstoff daheim umgesetzt haben. Veronique erzählt diese Geschichte: Aus gesundheitlichen Gründen muss ihr Hund ständig gekochte Zucchini essen. Er hat darauf natürlich gar keinen Appetit mehr. Also entschließt sie sich, eine Prise einer Aromapfeffermischung, die sie bei Michèle kennengelernt und erworben hatte, dem Gemüse beizufügen. Als erstes kommt der Hund in die Küche und schnuppert aufgeregt, dann verzehrt er das ungeliebte Gemüse mit offensichtlichem Genuss. Als später Mann und Kinder nach Hause kommen, fragen sie als erstes nach dem wunderbaren Duft, der das Haus durchzieht. Applaus für Veronique, das motiviert natürlich, sich auf das heutige Programm einzulassen.
Platz für Notizen
Michèle verteilt einen Flyer, in dem sie die blumigen Düfte ihrer Aromathèque auflistet und der Platz für Notizen bietet sowie eine Liste von Pflanzen, die entweder als „schwarz-fruchtig“ (viele Beerenfrüchte, aber auch Salbei und Rosmarin) oder als „leicht-süßlich-fruchtig“ einzuordnen sind (etwa Aprikose, Banane, Mango). Was genau das bedeutet, dürfen wir nach einer kurzen theoretischen Einführung in die Geheimnisse der Parfümerie und die Physiologie des Geschmacks erschnuppern und erraten. Beim Lieblingsduft gibt es erstaunlich viel Übereinstimmung, fast allen gefällt Geranienduft am besten, während ein als grünliches Öl daherkommender Duft der tropischen Pflanze Davana alle erstmal irritiert zurückzucken lässt.
Und das ist ein typisches Erlebnis bei Michèle Gay: Hier werden derartig ungewohnte Geruchs- und Geschmackswelten betreten, das kann auch mal verstörend sein, auf jeden Fall ist es gewöhnungsbedürftig. Die Parfümeurin experimentiert seit Jahren, wie sie die Aromen berühmter Parfums an Trägersubstanzen binden kann (etwa Salz, Puderzucker, Kakao, gemahlene Mandeln), damit die flüchtigen Duftstoffe als Gewürzpulver beim Kochen oder Anrichten von Speisen eingesetzt werden können. Gut verschlossen in flachen Blechdöschen stehen sie im Ladenlokal zur Auswahl und kosten zwischen 5, – und 15, – EUR.
Grundlagen
An der Arbeitsplatte im hinteren Teil des Ladens beginnt nun der interaktive Teil des Kurses. Jetzt darf gekostet und experimentiert werden: Eine Auswahl an Bio-Käse (aus einer regionalen Käserei, mit der Michèle inzwischen kooperiert), Bio-Butter, Brot und Früchte sind die Grundlagen, an denen wir durch Mischen und Aufstreuen die Parfumaromen aus den Döschen und Pfeffermühlen testen und bewerten sollen.
Die geglückten Kombinationen notieren wir. In meinem Fall ist es die Zusammenstellung einer Erdbeere, die ich mit einem Bergamotte-Salz bestreut habe, gekrönt von einem Häufchen Ziegenfrischkäse. Stolz trage ich bei der abschließenden Auswertung mein Rezept vor und erhalte, wie alle Teilnehmenden, weitere Rezeptvorschläge zur jeweiligen Lieblingsnote.
Wie im Flug sind die zwei Lehrstunden vergangen, die Sinne sind angeregt und betäubt zugleich, der Kopf ist voller Inspirationen für eine „blumige Sommerküche“. Schnell noch ein Gläschen von dem gekühlten, erfrischenden Pfefferaufguss.
Nach der Sommerpause nimmt MG ihr Programm mit einem Schnupperevent am 10. September von 16 – 18 h auf. Wer will kann sich dann für die Herbstkurse anmelden kann.
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