Das Titelrennen im belgischen Fußballoberhaus ist wieder hochspannend. Nach dem dritten Spieltag der so genannten Play-off I (Meisterrunde) ist sogar Standard Lüttich noch nicht ausgezählt. Die Rouches gewannen überraschend bei Zulte-Waregen mit 3-4 und haben nur noch vier Punkte Rückstand auf Tabellenführer Anderlecht. In den verbleibenden sieben Spielen ist also noch alles möglich.
Wer schafft es, dem RSC Anderlecht den Titel streitig zu machen? Das ist die Frage, die sich in den noch ausstehenden sieben Partien der Meisterrunde im belgischen Fußball beantworten wird. Trotz mäßiger Leistungen zum Ende der Saison hin, haben die Brüsseler immer noch die Nase vorn. Der Druck auf den Rekordmeister ist allerdings so hoch, dass er besonders gute Nerven braucht. Nur mit viel Glück und Schützenhilfe von Standard konnte Anderlecht am dritten Spieltag der Play-off I seine Tabellenführung behaupten.
Standard schaffte das Kunststück, auswärts bei Zulte-Waregem nach einer fulminanten Aufholjagd ein 3-1 in ein 3-4 umzuwandeln und wichtige drei Punkte vor gut 8.000 Zuschauern aus dem Regenbogenstadion zu entführen. Aufgrund dieser Niederlage verliert der ost-westflämische “Interprovinzialklub”, der aus einer Fusion von Zulte (Ostflandern) und Waregem (Westflandern) entstand, den direkten Anschluss an Tabellenführer Anderlecht.
Nutznießer dieses Ausrutschers aber auch ist Racing Genk. Die Limburger taten sich allerdings schwer damit, den Letzten der Meisterrunde, Sporting Lokeren, zu besiegen. Am Ende schafften es die Genker jedoch, mit einem 2-1 drei wichtige Punkte einzufahren. Damit war Genk kurzzeitig Tabellenführer, da das Topspiel dieses Spieltages später angesetzt war. Das Duell der beiden Erzrivalen, RSC Anderlecht und Club Brügge, stand erst für Sonntagnachmittag auf dem Kalender. In diesem traditionell emotionsgeladenen Spiel war Anderlecht gezwungen, nachzulegen, um die Tabellenspitze zu verteidigen.
Bei hervorragenden äußeren Bedingungen und toller Stimmung war im Astridpark alles bestens für den Klassiker angerichtet. Auch auf dem Platz ging es munter auf und ab, mit leichten Vorteilen für die Gäste aus Brügge, die in der ersten Spielhälfte leichte Vorteile hatten. Anderlecht wirkte nervös und vor allen Dingen in der Anfangsphase des Spiels zu zu ungestüm. Nachdem sich die Anfangseuphorie gelegt hatte und der erste Sturmlauf der Gastgeber an Brügge vorbeigerollt war, kamen die Gäste besser ins Spiel. Obwohl bis dahin auf beiden Seiten nichts Zählbares heraussprang, war es bis hierher trotzdem ein unterhaltsames Fußballspiel.
Eigentor-Schock vor der Pause
Als die Zuschauer schon auf dem Weg zur Bierbude waren, erstarrten die Anderlechtfans vor Ungläubigkeit auf den Stufen zu den Ausgängen. Nach einer vergebenen 100-Prozent-Chance von Anderlechts Kouyaté profitierte Brügge kurze Zeit später von einem Eigentor von Odoi in der 46. Minute. Mit dem Schock in den Gliedern schlichen die Spieler vom RSC Anderlecht zur Pausenandacht in die Kabine. Dort dürfte ihnen Trainer John van den Brom ordentlich die Leviten gelesen haben.
In der zweiten Spielhälfte riss sich der Rekordmeister am Riemen und spielte wesentlich überlegter. Anderlecht wurde zusehends gefährlicher und sorgte mit zwingenden Aktionen dafür, dass die Offensivabteilung von Club, allen voran Toptorjäger Carlos Bacca, nur noch wenig ausrichten konnte. In der 61. Minute schaffte Dieumerci Mbokani schließlich den Ausgleich für Anderlecht und verhalf seiner Mannschaft mit diesem Treffer wieder zur Tabellenführung.
Der RSC Anderlecht hat nun mit 36 Zählern einen Punkt Vorsprung auf Racing Genk und liegt zwei Punkte vor Zulte-Waregem. Standard, mit 32 Punkten auf Platz vier, kann sich ebenso gut noch in die Entscheidung um die Meisterschaft einmischen wie Club Brügge, das mit 31 Punkten auf Platz fünf rangiert. Einzig Sporting Lokeren muss sich wohl mit dem Erfolg begnügen, es als einziger kleiner Verein der Liga in die Meisterrunde geschafft zu haben. Mit 27 Punkten dürften die Meisterträume der Waasländer nämlich geplatzt sein.
Im Abstiegskampf hat sich Cercle Brügge wieder Luft verschafft. Cercle liegt nun in den Pay-Downs mit sechs Punkten gleichauf mit Beerschot. Der Verlierer dieses Zweier-Duells steigt direkt in Liga Zwei ab, der Sieger geht in die Relegation.
Autor: Armin Möller
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