Von Heide Newson.
Kein Verkehrsmittel wurde durch die Corona-Pandemie so stark ausgebremst wie das Flugzeug. Terminals verwaisen und wegen des Einbruchs der Passagierzahlen halten nur noch wenige Fluggesellschaften regelmäßige Verbindungen zwischen zentralen Zielen aufrecht. Das gilt jedoch nicht für das Frachtaufkommen, das seit Pandemiebeginn stark angestiegen ist, und sich weiter auf einem beeindruckenden Höhenflug befindet.
2019 erreichte der Flughafen in Zaventem ein Rekordaufkommen von rund 26,4 Millionen Passagieren. Seit der Corona-Pandemie ist der Flugverkehr dagegen fast zum Erliegen gekommen; zwischen Januar und Oktober 2020 brachen die Fluggastzahlen um 72,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. Beim Frachtaufkommen zeigt sich jedoch ein ganz anderes Bild.
Der Brüsseler Flughafen, seit Jahren führend bei der Fracht von Arzneimitteln, ist zum Drehkreuz der Beförderung von Covid-19-Impfstoffen geworden. Der Grund dafür findet sich in seiner besonderen Infrastruktur. Zu einem Zeitpunkt, als noch keiner an die Corona-Pandemie dachte, entwickelte die zuständige Betreibergesellschaft eigene Tiefkühlcontainer für den Medikamententransport sowie spezielle Lagerkapazitäten. Unternehmen, die auf Arzneimitteltransporte spezialisiert sind, ließen sich in den Folgejahren verstärkt in der Umgebung des Brüsseler Flughafens nieder. Das gilt für den Pharmahersteller Pfizer, der mit dem Mainzer Unternehmen BioNtech einen Corona-Impfstoff entwickelt hat und auch für AstraZeneca, das seinen Impfstoff in großen Teilen in Belgien herstellt. Hinzukommt, dass die Pharmaindustrie in Belgien jedes Jahr mehr als 1,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung steckt.
Kein Wunder also, dass dem Flughafen Brüssel-Zaventem als Drehkreuz in der Beförderung von Impfstoffen nun eine Schlüsselrolle zukommt. Seit Ende November werden Covid-19-Impfstoffe von Belgien weltweit mit großem Erfolg transportiert. Fluggesellschaften aus Amerika, Asien, Afrika oder Israel haben schon längst die Anfrage gestellt, um aus Brüssel operieren zu können. “Der erste Flug startete am 27. November,“ so Arnaud Feist, Vorstandsvorsitzender des Brüsseler Flughafens. „Nach monatelanger Vorbereitung zusammen mit unseren Geschäftspartnern in der Taskforce BRUcure, sind wir stolz darauf, berichten zu können, dass die ersten Flüge mit den Corona-Impfstoffen weltweit reibungslos verlaufen,“ fuhr er fort. Für den gesamten Transport, alle Wege von der Produktionsstätte des Impfstoffs bis zum Flieger sowie die Gewährleistung der notwendigen Temperaturüberwachung sei man zuständig. Ferner kündigte Feist an, dass in den kommenden Monaten auch andere zugelassene Impfstoffe über Zaventem abgefertigt würden. „Unser Land steht heute dank seines Beitrags zur Entwicklung, Produktion und Verteilung von Corona-Impfstoffen im Zentrum der weltweiten Impfmaßnahmen,“ sagte König Philippe Ende Januar. „Hierauf können wir stolz sein.“
Statt Stolz macht sich jedoch in Belgien zunehmend Frust breit. Denn während im Ausland, wie beispielsweise in Israel oder den USA, die breite Impfung von Menschen aller Altersgruppen offenbar gut funktioniert, geht die hiesige Impfkampagne nur schleppend voran, und ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte.
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