Von Michael Stabenow.
Die Fortschritte bei den Covid-Impfungen in Belgien erlauben nach Ansicht der politischen Führung des Landes den Wegfall eines Großteils der geltenden Beschränkungen zum 1. September. Das gilt allerdings nicht, zumindest bis zum 1. Oktober, in der als „rote Zone“ eingestuften Hauptstadtregion Brüssel, die bei den Impfungen besorgniserregend hinter den anderen Landesteilen zurückbleibt.
Premierminister Alexander De Croo begründete die trotz der weiter steigenden Anzahl der positiven Corona-Tests und der Krankenhausaufnahmen vereinbarten Lockerungen mit den Erfolgen der Impfkampagne. „Die Impfstoffe haben in den vergangenen Monaten die Spielregeln verändert“, sagte der Regierungschef. Mit einem Anteil vollständig Geimpfter von knapp 68 Prozent an der Gesamtbevölkerung sei Belgien eines der international führenden Länder. Das gilt jedoch nicht für die Region Brüssel. Hier liegt der Anteil der vollständig Geimpften bei nur 47,3 Prozent der Bevölkerung. Der Brüsseler Ministerpräsident Rudi Vervoort nannte als einen Grund die Altersstruktur der Hauptstadt mit überdurchschnittlich viel jüngeren Bewohnern. So seien dort 81 Prozent der über 65-Jährigen vollständig geimpft, während Brüssel bei den 12- bis 17-Jährigen „40 bis 50 Prozent“ hinter Flandern zurückliege. Vervoort versprach vermehrte Anstrengungen bei den Impfungen – „von Haustür zu Haustür, wenn es sein muss“. Ende September oder Anfang Oktober werde die Lage überprüft. Vorerst gelte es, die Beschränkungen in Gaststätten oder auch bei Gottesdiensten in Brüssel beizubehalten.
Anders als in den übrigen Landesteilen bleibt es in Brüssel damit bei der Schließung von Cafés und Restaurants um ein Uhr nachts. Auch die Begrenzung der Anzahl von Besuchern pro Tisch und zuhause zugelassenen Gästen wird in Brüssel weiter auf acht beschränkt.
Außerhalb Brüssels dürfen Kneipenbesucher demnächst wieder an der Theke Platz nehmen. Voraussichtlich am 1. Oktober dürften Diskotheken und Nachtclubs wieder ihre Pforten öffnen. Wegfallen werden zum 1. September die geltenden Beschränkungen für Veranstaltungen mit bis zu 200 Besuchern in Innenräumen sowie bis zu 400 Besuchern unter freiem Himmel.
Generell gilt die Maskenpflicht weiter beim Besuch von Geschäften sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Wegfallen wird – außerhalb Brüssels – die geltende „eindringliche Empfehlung“ zu Telearbeit.
Regierungschef De Croo rief die Impfmuffel im Land eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen. Es gehe darum „Löcher in unserer Schutzmauer“ zu stopfen. Für die Impfung gelte weiter der Grundsatz der Freiwilligkeit – künftig jedoch mit einer Ausnahme: den Beschäftigten im Gesundheitswesen. Hier gehe es um mehr als eine individuelle Entscheidung, sondern darum, dass Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern und Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen „Anspruch auf maximalen Schutz haben“.
Der Löwener Virologe Marc Van Ranst gab, im Interview mit dem Sender VRT zu bedenken, dass die Schutzwirkung von mehr als sechs Monate zurückliegenden Impfungen nachlasse. Die Gesundheitsminister des Landes hatten in dieser Woche bereits angekündigt, bis zu 400.000 als besonders gefährdet geltenden Einwohnerinnen und Einwohnern Belgiens eine dritte Impfdosis anzubieten.
Foto: Heide Newson
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