Von Margaretha Mazura. Vom 15. bis zum 21. November 2021 wurde in Flandern mit der „Woche für Deutsch” versucht, das gesellschaftliche Bewusstsein für Deutsch als Fremdsprache und dritte Landessprache Belgiens zu stärken – Bericht einer Herausforderung.
Am Anfang war Alt-Griechisch…
„Es geschah eines Abends während der flämischen TV-Nachrichten” erzählt Torsten Leuschner, Professor für Germanistik an der Uni Gent und Präsident des Belgischen Germanisten und Deutschlehrer-Verbandes (BGDV). „Man brachte einen Bericht über den ‘Tag der griechischen Sprache’ in Flandern und ich fragte mich: Wenn es das Altgriechische schafft, in die Abendnachrichten zu kommen, dann sollte das doch auch mit Deutsch möglich sein”. Ganz so einfach war es nicht, aber die Idee der „Woche für Deutsch” war geboren. Und wurde gemeinsam mit dem Goethe-Institut verwirklicht, 2020 zunächst corona-bedingt virtuell, aber dieses Jahr mit viel Energie und noch mehr Veranstaltungen, beginnend am 15. 11. im Deutschcafé in Antwerpen. Kein zufälliges Datum, ist der 15. November doch der Feiertag der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien.
Die schwindende Deutschsprachigkeit Belgiens
Während die Bevölkerung in Ostbelgien (der deutschsprachigen Gemeinschaft) zunimmt (2020 waren es rund 78.000 Personen), werden immer weniger Schüler in immer weniger belgischen Schulen in Deutsch unterrichtet. „In Flandern lernen 66.000 Schüler in 500 Schulen Deutsch” lieferte Uwe Rau, stv. Leiter des Goethe-Instituts Belgien, ein paar Zahlen zur Problematik des Deutsch-Unterrichts, „das sind 20%. In der Wallonie sind es nur 8000 in 150 Schulen, also etwa 4-5%. Tendenz sinkend. Vor allem für Französischsprachige ist Deutsch schwierig, sie ziehen Spanisch vor.”
1,2 Polizei oder die Geschichte von Wurm, Fisch und Angler
2021 lag der Fokus auf Flandern, und um nicht nur Deutschlehrer, sondern vor allem junge Zielgruppn zu erreichen, wurde vom Goethe-Institut eine Antwerpner Agentur mit einer Werbekampagne betraut. Und diese kreierte eine Webseite mit dem Title „1, 2, Polizei” – und war äusserst erfolgreich. „Der Titel stammt aus einem Lied der Gruppe MO-DO” erklärt Uwe Rau, „und ja, wir waren zuerst auch äusserst skeptisch. Aber jeder in Flandern kennt dieses Lied und es hat eine völlig positive Bedeutung”. Ich bin weiter skeptisch, aber Uwe Rau erklärt es einfach: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Man lernt eine Sprache, weil man etwas Positives damit verbindet: einen Film, ein Buch, einen Song. Unsere Herausforderung war und ist, eine solche positive Situation zu schaffen.” Die Kommentare auf YouTube zu „1,2 Polizei” geben ihm Recht: Auf Englisch, Spanisch und Russisch wird das Lied als „erster Schritt zum Zählen auf Deutsch” enthusiastisch bewertet. [Anmerkung: der Refrain ist ein alter Kinderreim: 1,2 Polizei, 3,4 Grenadier, 5,6 alte Hex, 7, 8 gute Nacht].
Und die Pläne für 2022?
Nach dem Erfolg 2021 – vor allem der Quiz zog 26 Schülergruppen in den Bann, sodass die gewinnreiche Gruppe erst im Jänner 2022 festgestellt werden wird – ist eine weitere “Woche für Deutsch” im Herbst 2022 geplant, vielleicht auch gemeinsam mit dem “Verband zur Förderung des Deutschen in der Wallonie”. Schwerpunkt wird auf der wirtschaftlichen und berufsbildenden Bedeutung von Deutsch liegen. Wir werden rechtzeitig das Programm ankündigen.
Mehr Information: Woche für Deutsch
Beiträge und Meinungen