Von Heide Newson
In den vergangenen 40 Jahren sind in Brüssel viele kranke Bäume gefällt worden, aber auch 400 Hektar Grünflächen dazugekommen. Laut „Brussels Mobility“, der dafür zuständigen Verwaltung, wurden seit Beginn der Pflanzsaison rund 1.200 Bäume in der Region Brüssel gepflanzt. Eines der Hauptzielgebiete für die Bepflanzung war die Place Flagey, nur einen Steinwurf von meinem Haus an den Teichen von Ixelles entfernt. Und was gibt es Schöneres als mitten auf diesem trendigen Platz in einem der vielen Cafés mit Terrassen einen Kaffee oder ein frisches belgisches Bier zu genießen… wenn denn mal die Sonne scheint.
Anfang April fing es an. Auf dem Platz, nicht nur wegen des Wochenmarkts, dem Café Belga, seinem abwechslungsreichen Kulturprogramm, den idyllischen Teichen und der Frittenbude, sondern ebenso wegen der multikulturellen Atmosphäre ein beliebtes Ziel zum Verweilen oder Flanieren, machten sich plötzlich Bagger breit. Wohin das Auge reichte, wurde gebuddelt. Es wurden Betonplatten ausgehobelt, Staub aufgewirbelt. Der Baulärm machte einen Plausch mit Freunden unmöglich. Und wir hatten keinen Schimmer, was dort geschah oder geplant war. „Diesen Krach haben wir wohl Proximus zu verdanken,“ so meine Freundin. Dieser Meinung war ich auch, da für die Verlegung von Glasfaserkabeln rund um die Ixeller Teiche Straßen ohne große Vorwarnung aufgerissen worden waren. Umso überraschter war ich, als sich alles rund um die Place Flagey in Windeseile in ein (fast) tropisches Paradies verwandelte. Sogar Palmen gedeihen nun in dieser grünen Oase.
Vor einigen Jahrzehnten war der Platz umgemodelt worden. Ein prachtvoller Baumbestand musste einer banalen großen Betonplatte weichen. Ein paar Bäume, die dann einfach nicht wachsen wollten, wurden gepflanzt, eine Springanlage zum Amüsement der Kinder, eine Tiefgarage und ein Wasserreservoir kamen dazu – das war´s. Dennoch entwickelte sich die Place Flagey zu einem der „coolsten“ und lebendigsten Plätze von Brüssel. Kein Wunder… mitten im Geschehen befindet sich in Form eines Ozeandampfers das Art déco-Gebäude des “Flagey”. Es wurde 1935 von Joseph Diongre für die Nationale Rundfunkanstalt gebaut und ist heute ein renommierter Konzertsaal. In diesem treten die Brüsseler Philharmoniker auf, und es bietet Konzerte und Veranstaltungen, zu denen nicht nur das Königspaar, sondern viele Politiker aus dem In-und Ausland einfinden.
Zudem ist der Platz ein kosmopolitischer Dreh-und Angelpunkt für Kulinarik. Er bietet eine Vielfalt an Bars sowie Cafés, und er ist mit seinem beeindruckenden architektonischen Erbe ein Ort geworden, den viele Studenten zu ihrem Hauptquartier auserkoren haben. Aber etwas von dem einst (grünen) Charme fehlte – nicht unbedingt den Studentinnen und Studenten, wohl aber Einwohnern wie mir, die lange genug in dem Viertel leben und die Place Flagey mit prachtvollen Baumkronen in Erinnerung haben.
Dass der Betonplatz auf der Place Flagey jetzt grüner geworden ist, hat Ixelles seinem „grünen“ Bürgermeister Christos Doulkeridis zu verdanken, der mit Amtskollegen anderer Brüsseler Gemeinden einen ambitionierten Klimaplan geschmiedet hat. Der CO2-Ausstoß soll überall sinken, und dazu sollen Grünflächen, Parks und Bepflanzungen beitragen. Und wer weiß, vielleicht wird die grüne Oase die belgische Sängerin Angèle, die in ihrem Hit „Bruxelles je t´aime“ die Place Flagey erwähnt, zu einem Lied über den jetzt fast tropisch anmutenden Platz inspirieren.
Super Artikel, gute Idee, werden wir umgehend in unser Programm aufnehmen.