Von Marion Schmitz-Reiners
Die menschlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Flandern und Deutschland könnten besser nicht sein. Das bewies wieder einmal das Fest anlässlich des 50. Gründungsjubiläums der Belgischen-Deutschen Gesellschaft Flandern (BGDF). Rund 80 Gäste waren der Einladung zu einem festlichen Diner in Brasschaat im Norden von Antwerpen gefolgt, darunter einige Mitglieder der ersten Stunde. Die BGDF war 1965 gegründet worden, als sich große deutsche Chemieunternehmen im Scheldehafen ansiedelten. Networking und der kulturelle Austausch zwischen Flandern und Deutschland sind seit jeher ihre wichtigsten Ziele. Und ganz nebenbei entstanden auch viele Freundschaften.
In den 1960er Jahren zogen die deutschen Chemieriesen BASF, Bayer und Degussa nach Antwerpen und bauten im Hafen große Produktionsanlagen. Über den Hafen konnten sie ihre Grundstoffe schnell und effizient aus Übersee beziehen und ihre Produkte nach ganz Europa und zu allen Kontinenten ausführen. Denn der Weg vom Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet nach Antwerpen war kürzer als nach Hamburg oder Bremen.
Zusammen mit der Chemieindustrie kamen Hunderte von deutschen Mitarbeitern nach Flandern. Um sich besser kennen zu lernen, regten einige Antwerpener und Deutsche die Gründung einer Gesellschaft an, deren Ziel es war, die menschlichen und beruflichen Kontakte zwischen den Flamen und ihren Gästen zu fördern. Der erste Vorsitzende war Oscar Leemans, Direktor des Scheldehafens.
Konzerte, Ausstellungsbesuche und KULTURForum
Heute zählt die BGDF 80 Mitgliederfamilien, wobei das Verhältnis zwischen Deutschen und Belgiern sich ungefähr die Waage hält. Präsident ist Dr. Jürgen Barwich, Geschäftsführer von BASF Antwerpen NV. Im Vorstand sitzen unter anderen weiter Frank Daman (Evonik Degussa Antwerpen NV) und Dr. Volker Weintritt (Bayer Antwerpen). Die drei Chemieunternehmen sind auch die Hauptsponsoren der Vereinigung.
Monatlich wird eine Veranstaltung meist kulturellen Charakters geboten, wie Ausstellungsbesuche, Ausflüge oder Konzerte. 2012 entstand im Schoß der BDGF und mit Unterstützung der deutschen Botschaft in Brüssel und des Goethe-Instituts das KULTURForum, eine Institution, die allmonatlich mit einem Newsletter über Kulturveranstaltungen mit deutscher Beteiligung in Antwerpen informiert und selber Veranstaltungen initiiert.
Ab den 1990er Jahren nahm die Zahl der deutschen Mitarbeiter der Chemieindustrie in Antwerpen ab, da die Unternehmen langsam, aber sicher in belgische Hände gelegt wurden. Auch das deutsche Generalkonsulat im Stadtzentrum und die deutsche Schule in Stabroek wurden geschlossen. In letzter Zeit kommen aber wieder mehr junge Leute nach Antwerpen, darunter Wissenschaftler, die an der Universität lehren und forschen. An der Antwerp International School in Ekeren wurde kürzlich sogar eine deutsche Abteilung mit 25 Schülern gegründet.
Die Wurzeln deutscher Präsenz reichen bis ins 16. Jahrhundert
„Die BGDF fühlt sich der Zeit verpflichtet, als deutsche Kaufleute in Antwerpen eine große Rolle für das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Scheldestadt spielten“, sagte Dr. Barwich am 14. Juni bei seiner Tischrede. Ab Beginn des 19. Jahrhunderts ließen sich Dutzende von deutschen Kaufmannsfamilien in der aufblühenden Hafenstadt nieder, darunter die Bary, Karcher, Kreglinger, Osterrieth, Grisar und Nottebohm. Aber die deutsche Präsenz in Antwerpen hat noch tiefere Wurzeln: Im 16. Jahrhundert war Antwerpen der westlichste Vorposten der Deutschen Hanse.
Die BDGF schlägt eine Brücke zwischen einer fernen Vergangenheit und einer von digitaler Kommunikation geprägten Gegenwart, in der menschliche Kontakte wieder wichtiger werden. Beim festlichen Mittagsmahl in den „Salons de Groene Jager“ wurden alte Freundschaften verstärkt und neue geknüpft. Sogar das Wetter spielte mit, weshalb man sich zwischen den einzelnen Gängen im herrlichen Park ergehen konnte. Ein stilvolles und gelungenes Jubiläum, das hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt.
Wer sich für eine BDGF-Mitgliedschaft interessiert, findet alle Informationen auf www.bdgf.be.
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