Aktuell, Belgien

Ein vom Jugendstil inspirierter Blumenteppich und Staus ohne Ende

Von Heide Newson

Ob es an Straßensperrungen, Baustellen oder eher an dem Ansturm auf den Blumenteppich lag, wollte der Busfahrer nicht diskutieren. Auf jeden Fall war das Verkehrschaos, Staus zur Grand´Place nicht nur für die Busfahrer ein Problem. So geschehen am Samstag.

Gegen 18 Uhr machte ich mich im überfüllten Bus 71 auf den Weg zu Brüssels schönstem Platz, um den bereits am Donnerstag verlegten Blumenteppich in Augenschein zu nehmen. Die meisten Fahrgäste wollten an der Haltestelle “Arenberg“ aussteigen, und dann durch die royalen Galerien Saint Hubert zur Grand‘Place laufen. Aber weit gefehlt. Kurz vor Erreichen unseres Ziels machte der Busfahrer ohne Ankündigung eine Kehrtwendung und fuhr wieder in Richtung Zentralbahnhof, wo er gleich erneut im Stau stecken blieb. Aufgebrachte Fahrgäste monierten diese Entscheidung, einige sehr aggressiv. Da nichts mehr ging, weder vorwärts noch rückwärts, wollten sie umgehend aussteigen, aber die Türen blieben verschlossen. Die Atmosphäre spitzte sich zu und wurde wohl auch hitzebedingt zunehmend aggressiver und persönlicher. Der Busfahrer schrie die Fahrgäste an, dass dieses Chaos nicht seine Schuld sei, er von der Polizei zur Umkehr angewiesen worden sei, und verlangte mehr Respekt. Diesen bekam er nach seinem lautstarken verbalen Ausraster aber nicht. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, ließ er die Fahrgäste dann doch in der Nähe eines (sicheren) Bürgersteigs aussteigen.

Nach diesem unschönen Zwischenfall kämpfte ich mich zu Fuß zum Blumenteppich durch. Und ich muss schon sagen : für diese 23. Ausgabe haben sich die Organisatoren schon etwas ganz besonderes einfallen lassen. Mit ihrer Kreation „Rhizome“ verweist die Lütticher Straßenkünstlerin Océane Cornille auf Brüssel und den Jugendstil. An Stelle von Begonien wurden zum „Knüpfen“ des Teppichs, der 70 Meter lang und 24 und breit ist, Dahlien benutzt, die hitzebeständiger sind. „So ein Blumenteppich und das auf einem der schönsten Plätze der Welt ist schon einzigartig,“ so eine japanische Touristin, die während ihrer Europareise eigens Brüssel ansteuerte, um diesen „live“ zu sehen. Dafür nahm sie gerne das Brüsseler Verkehrschaos in Kauf.

Mehr als 100 Freiwillige waren bereits am Donnerstag mit der Verlegung des Blumenteppichs beschäftigt. Dieser wurde wie vor zwei Jahren nach einem präzisen Plan zusammengelegt. In weniger als vier Stunden platzierten die etwa 120 freiwilligen Helfer fast eine Million Blumen, und das in der Hitze, eine wahre Meisterleistung. Den besten Blick auf den magischen Blumenteppich hat man vom Balkon des Rathauses, wenn man überhaupt durchkommt. Zudem gibt es da eine lange Warteschlange. Ich bin nicht durchgekommen, aber dennoch konnte ich das Blütenmeer des Teppichs, eine Kaskade von Farben und Jugendstilmotiven in aller Ruhe bewundern. Die Besichtigung hat sich gelohnt, und den ärgerlichen Verkehrsstau und gestressten Busfahrer würde ich dafür jederzeit wieder in Kauf nehmen. Denn solch einen Blumenteppich in solch einer begeisterten Menschenmenge, und dann auf einem Platz, der so viel Brüsseler Geschichte ausstrahlt, zu erleben, ist wirklich einzigartig.

https://www.bruxelles.be/tapis-de-fleurs

 

3 Comments

  1. Inge Boeling

    Habe es im Facebook als Luftaufnahme gesehen. Beeindruckend!!

  2. Ilse Leckert

    Anscheinend war ganz Europa in Brüssel, um dieses Kunstwerk zu bewundern. Den besten Blick hat man ohne 8€ zu zahlen und endlos zu warten. Vom 2. Stick des “la chalupe d’or”. Insidertipp!

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