Von Heide Newson.
Rund 300 Gäste kamen zum Sommerfest der Ostbelgier, das in der Hessischen Landesvertretung stattfand und zu dem Ministerpräsident Oliver Paasch geladen hatte. Es war ein absoluter Bilderbuchstart….. die optimistische Wettervorhersage und auch alles andere stimmte. Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen begann die Party, die nicht nur den Ostbelgiern, sondern auch den anderen Gästen zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde.
Für das einzigartige Sommerfest-Feeling sorgten eine entspannte Atmosphäre, exzellente hessische Weine, Bier, ostbelgische Spezialitäten, ausgesprochen nette Gäste, und ein kluger, junger, charmanter Ministerpräsident, mit einer bemerkenswerten Rede, in der der Spaßfaktor nicht zu kurz kam.
„Zu unserem diesjährigen Sommerfest möchte ich Sie alle willkommen heißen. Sie, meine verehrten Damen und Herren, sind der lebendige Beweis dafür, dass Ostbelgien auf ein dynamisches stetig wachsendes Netzwerk von Partnern und Freunden zählen darf. Vielen Dank dafür,“ sagte Oliver Paasch in seiner Begrüßungsansprache.
Er bedankte sich bei der Hessischen Landesvertretung für die großzügige Gastfreundschaft. „Dass Sie uns Ihr angenehmes Haus und sogar Ihren köstlichen Wein zur Verfügung stellen, werten wir als willkommenes Zeichen europäischer Verbundenheit.“
Alles Große entsteht im Kleinen
Dann sprach er über das mit Abstand kleinste belgische Bundesland und zitierte einen Werbeslogan der Saarländer: „Alles Große ensteht im Kleinen.“ Er fuhr fort: “Dem können wir nur zustimmen. Für uns kommt es nicht auf die Größe an. Entscheidend ist für uns, dass wir in Belgien als gleichberechtigtes Bundesland anerkannt sind.”
In diesem Zusammenhang verwies er über die ausschließliche Gesetzgebungshoheit in so wichtigen Feldern wie der Bildung, der Arbeitsmarkpolitik, der Gesundheit, dem Tourismus, Denkmalschutz, der Kultur, den Medien, den Kulturzentren, Musikakademie sowie der Familien-und Seniorenpolitik. Und zu den Besonderheiten der belgischen Verfassungswirklichkeit gehöre darüber hinaus, dass Ostbelgien auch noch für die Außenpolitik verantworlich sei. „Wir dürfen ohne die Zustimmung des Bundes Staatsverträge abschließen, und sind in Verhandlungen und Ratifizierungen von internationalen Abkommen eingebunden.”
Er nannte das viel diskutierte CETA Abkommen, das ohne die Zustimmung Ostbelgiens nicht in Kraft treten könne.
Und auch die belgische Positionierung zum Brexit oder zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU werde in enger Abstimmung mit allen belgischen Bundesländern erarbeitet.
Täglich neu zählen
„Das ist alles tatsächlich außergewöhnlich für eine kleine Gemeinschaft mit gerade einmal 76.230 Einwohnern, die wir im Übrigen jeden Tag auf´s neue zählen, in der vagen Hoffnung, dass einige Menschen hinzugekommen sind,“ witzelte Paasch, und hatte die Lacher auf seiner Seite.
Allen Unkenrufen, Unterschieden, Kontroversen und Konfikten zum Trotz sei das belgische Förderalismusmodell ein Erfolgsmodell, eins das Brücken für ein friedliches Zusammenleben sehr unterschiedlicher Kulturgemeinschaften gebaut habe.
In seiner vielbeachteten Rede verwies Paasch auf die schwierige, wechselvolle und mitunter sehr schmerzhafte Geschichte Ostbelgiens. „Aber heute geht es uns deutschsprachigen Belgien vergleichsweise gut,“ meinte er fröhlich optimistisch.
Paasch verwies auf die dynamische wirtschaftliche Entwicklung, niedrige Jugendarbeitslosigkeit, exzellente Betreuungsplätze für Kinder, moderne Alten-und Pflegeheimplätze, gut ausgestattete Sportanlagen, Kulturzentren, ein lebendiges Vereinsleben, eine fantastische Natur und exzellente Verkehrsverbindungen.
„Bei uns lässt es sich gut leben,“ meinte er, und da waren nicht nur die Ostbelgiern seiner Meinung.
Die Krise in der EU und die demographische Entwicklung in Ostbelgien nannte er als ernsthafte Bedrohungen. Beides gefährde den Standort Ostbelgien. Es mangle an Frachkräften, und deshalb habe er jedes Interesse, auf die Vorzüge der Region aufmerksam zu machen.
Und das tat Oliver Paasch mit viel Charme und Überzeugungskraft alternierend in vier Sprachen.
Die Lachmuskeln seiner Gäste sprengte er, als er über seine Teilnahme an einer Debatte in der NRW-Vertretung mit EU- Kommissar Günther Oettinger sprach. „Dort war man richtg neidisch darauf, dass wir heute bei den Hessen, und nicht bei unseren direkten Nachbarn in der NRW-Vertretung sind. Aber kein Problem. Wir nehmen die Einladung unserer nordrhein-westfälischen Freunde für das nächte Jahr gerne an. Denn einen Ort zur Präsentation des Tourismusstandorts Ostbelgiens, auf das man im nächsten Jahr gezielt aufmerksam machen wolle, habe er noch nicht.
„Aber vielleicht tut sich nach einigen Gläsern Wein da heute Abend noch etwas. Bewerbungen sind jedenfalls herzlich willkommen.“
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