Brüssel, Belgiens und Europas Hauptstadt, ist in erster Linie wegen der Grand’Place, des Manneken Pis, des Atomiums, der Schokolade und Waffeln bekannt. Brüssel ist jedoch auch eine Stadt mit einem reichen kulturhistorischen und literarischen Erbe. Viele Autoren verschiedener Nationalitäten haben in den Brüsseler Straßen gelebt, oder wurden davon inspiriert. In diese Weise findet man in der Literaturgeschichte viele Werke, die eine Beziehung zu Brüssel haben.
Karl Marx schrieb im 19. Jahrhundert ein Werk, das die Welt verändern würde: Das Manifest der Kommunistischen Partei (1848). Nur wenige wissen aber, dass Marx und sein Freund Friedrich Engels das Manifest in Brüssel geschrieben haben. Karl Marx hat sogar drei Jahre in der Orléansstraat (Rue d’Orléans) in Ixelles gewohnt. Auf diese Weise hat auch Brüssel eine Rolle in der deutschsprachigen Literatur gespielt.
(Red.) Dies ist ein weiterer Beitrag aus unserer Serie: “Sprachschüler schreiben für Belgieninfo”. mathieu.van.obberghen@hotmail.com ist einer der besten unter ihnen. Auch seinen Text haben wir fast nicht korrigiert, um ihn und alle anderen Verfasser zu ermutigen, in ihren Bemühungen für die deutsche Sprache nicht nachzulassen. Zugleich beglückwünschen wir sie für ihre Kenntnisse und Fähigkeiten. Weiter so!
Ein Sittenstück
Sowohl deutschsprachige, als auch französische Autoren haben eine Zeit in Brüssel verbracht. An der Grand’Place befindet sich z.B. das Haus in dem Victor Hugo gelebt hat. Dieser französische Schriftsteller lebte in Brüssel von 1851 bis 1870, um den Staatsstreich von Louis Bonaparte zu vermeiden. In der Nähe, in der Überstrapaziert (Rur des Brasse), können wir eine Tafel bemerken, das uns an die Tragödie, die am 10. Juli 1873 stattfand, erinnert. Im Hotelzimmer des Hotels „La Ville de Courtrai“ schoss Paul Verlaine auf Arthur Rimbaud, der ihn verlassen wollte; und er verwundete ihn am linken Handgelenk. Zwei Monate nach dem Vorfall kehrte Rimbaud nach Brüssel zurück, um dort das Manuskript „Une Saison en Enfer“, eine Geschichte über seine Affäre mit Verlaine, drucken zu lassen.
Auch in der niederländischsprachigen Literatur hat Brüssel eine prominente Rolle gespielt. Schriftsteller wie Multatuli (Eduard Douwes Dekker), Willem Elsschot und Louis Paul Boon haben über Brüssel geschrieben oder in der Stadt gewohnt. Multatuli schrieb dort eines der wichtigsten Bücher der europäischen Literatur, Max Havelaar genannt. Das Buch wurde als Anklage gegen die holländische Kolonisation von Indonesien geschrieben. Das Appartement, wo er in bitterer Armut sein Meisterwerk schrieb, gibt es heute immer noch an der Arenbergstraat (Rue d’Arenberg) 52. Louis Paul Boon schrieb ein Buch über den Bau der Brüsseler Nord-Süd-Verbindungsbahn. Dieses Buch, „Vergeten Straat“ genannt, handelt von einer Straße, die durch die Baustelle des Projekts ganz abgeschlossen wird. Obwohl die Straße im Buch niemals benennt wird, ist der Stadtbezirk deutlich: Boon beschreibt die „Marollen“, einen alten Bezirk mit vielen Arbeiterwohnungen.
Das Hotel Métropole. ein Mythos
Ein kleiner Spaziergang durch diesen Stadtteil erinnert an die industrielle Geschichte Brüssels. Am Ende dieser Wanderung kommen Sie zum Brouckèreplein (Place de Bouckère), wo Sie einen Kaffee im mythischen Hotel Métropole trinken können, genau so wie Willem Elsschot in seiner Novelle Lijmen/HetBeen.
Eine Stadt mit so einer literarischen Vergangenheit hat natürlich auch schöne Buchläden. Neben großen, wie Fnac, gibt es auch noch kleinere, aber sehr interessante Geschäfte wo man Bücher kaufen kann. Die meiste Buchhandlungen verkaufen Bücher in mehreren Sprachen. Daneben gibt es auch noch zwei deutschsprachige Geschäfte in Brüssel: die Gutenberg Buchhandlung (Leuvenseweg/rue de Louvain 34) und den Buchspecht. Französische Bücher find man in Avec Plaizier (Spoormakersstraat/rue des eperonniers 50) und Filigranes (Kunstlaan/avenue des arts 39-40). Niederländische Buchhandlungen sind Passa Porta Bookshop (Antoine Dansaertstraat/rue Antoine Dansaert 46) und Standaard Boekhandel (Muntplein/Place de la Monnaie 4).Schließlich gibt es auch noch Antiquariate wo man für wenig Geld viele Bücher in fast allen Sprachen kaufen kann, zum Beispiel: Pêle Mêle (Maurice Lemonnierlaan/boulevard Maurice Lemonnier 55) und Het Ivoren Aapje (Begijnhofplein/place du béguinage 4).
Brüssel hat also noch viele andere Facetten als nur der Politik und die Diplomatie. Hinter der Europäischen Union gibt es eine reiche Kulturgeschichte, die sehr interessant ist. Dieser Artikel hat nur einen Zipfel des Schleiers über Brüssel und Literatur gelüftet, der Rest sollen Sie selbst entdecken.
Mathieu van Obbergen
Beiträge und Meinungen