Zweihundert Jahre nach seiner Geburt ist der Glanz der vielseitigen Figur Adolphe Sax größer als je zuvor. Bekannt wurde er unzweifelhaft mittels seiner bemerkenswertesten Erfindung, die denn auch nach ihm benannt wurde, nämlich das Saxofon. Trotzdem haben wir dem Herrn Sax viele andere Einfälle und Verbesserungen von damals schon bestehenden Instrumenten zu verdanken. Die Ausstellung Expo SAX200 im Brüsseler Museum für Musikinstrumente (MIM) läuft noch bis zum 11. Januar und entwirft ein faszinierendes Bild dieses musikalischen Genies.
Als am 6. November 1814 in der belgischen Gemeinde Dinant Adolphe Sax das Licht der Welt erblickte, konnte niemand voraussehen, dass sich die damalige westliche Musikwelt schon auf einem Wendepunkt befand und sie bald einige Änderungen erfahren sollte, genau durch Zutun dieses Mannes. Als Sohn eines Herstellers von Musikinstrumenten, mit seiner Fabrik in Brüssel, hat der kleine Adolphe selbstverständlich die Musikalität, das Unternehmertum und die Begabung zum Erfinden von Kindesbeinen an eingetrichtert bekommen. Im Jugendalter spielte Adolphe die Klarinette und es war mit diesem Instrument, insbesondere die Bassklarinette, dass er seine ersten Experimente gemacht hat und ein neues System mit 24 Klappen entwickelte.
Die ingeniösen Ideen und Entwürfe von Adolphe Sax kamen im Eiltempo in ihm auf und wurden dann in seinem Atelier realisiert. Ihm zufolge war der Ausgangspunkt seines gerade erfundenen Saxofons, ein perfektes Instrument zu bekommen, das alle guten Eigenschaften der klassischen Orchesterinstrumente in sich einigen könnte. Mit anderen Worten, er wollte sowohl die Geschmeidigkeit der Streicher, die dynamischen Möglichkeiten und die Lautstärke des Bleches als auch die Klangfarbe des Holzes kombinieren. Die Idee für die Familie der Saxhörner (zum Beispiel das Flügelhorn, das Tenorhorn, …) entstand so gut wie gleichzeitig als das Saxofon.
Leider bekam Herr Sax in Belgien niemals die Anerkennung, auf die er gehofft hatte. Seine wirklich bahnbrechende Arbeit wurde einfach nicht bemerkt und aus diesem Grund siedelte er 1842 nach Paris über. Mit der Unterstützung einiger einflussreichen Komponisten, sowie Hector Berlioz, und auf Verlangen von gewissen militärischen Befehlshabern, eröffnete Sax 1843 seine erste Fabrik von Musikinstrumenten in der Lichterstadt.
(Red.) Dies ist ein Beitrag aus unserer Serie: “Sprachschüler schreiben für Belgieninfo”. Wir haben absichtlich die Texte nicht korrigiert, um die Verfasser zu ermutigen, in ihren Bemühungen für die deutsche Sprache nicht nachzulassen. Zugleich beglückwünschen wir sie für ihre Kenntnisse und Fähigkeiten. Weiter so!
Adolphe Sax ist immer ein Kind seiner Zeit gewesen, namentlich des Industriezeitalters. Er war nicht nur ein begabter Musiker und Meistererfinder, sondern auch ein geborener Händler. Wie kein anderer wusste er was Publizität und Marketing für ein Unternehmen bedeutete. Seine Neuheiten wurden oftmals während der großen industriellen Expositionen, die höchst bezeichnend waren für das 19. Jahrhundert, an Interessenten gezeigt und er informierte ständig seine Kundschaft über die letzten Entwicklungen in seiner Werkstatt.
Es ist überhaupt kein Geheimnis, dass das französische Militär seinen wichtigsten Absatzmarkt bildete, und dadurch hat die Sax-Fabrik denn auch einige Perioden der Prosperität gekannt. Trotzdem bedeutete diese starke Abhängigkeit zugleich den schwächsten Punkt seiner Verkaufsstrategie. Wenn sich die Heeresleitung für eine Ausgabendrosselung entschied, wobei die Musikkapellen fast immer den Kürzeren ziehen mussten, führte dies oft zu Rückwirkungen für Herrn Sax. So machte er dreimal Bankrott. Der Gipfel der Ironie ist, dass sein Bildnis die Banknote von 200 Belgischen Franken zierte, obwohl er drei Konkurse gekannt hat und arm gestorben ist.
Die Ausstellung Expo SAX200, die noch bis zum 11. Januar 2015 läuft, ist in vier unterschiedlichen Themen eingeteilt: „Sax, der Erfinder“, „Sax, der Unternehmer“, „Sax und seine Familie“ und „Sax nach Sax“. Insgesamt beherbergt diese Expo mehr als 100 Musikinstrumente aus der eigenen Kollektion und daneben noch einige außergewöhnliche Exemplare aus Privatsammlungen. Ein Audio-Führer mit einer Menge von Informationen und Klangfragmenten ist im Preis einbegriffen.
Expo SAX200 empfiehlt sich bestimmt: In einen historischen und sozialen Kontext gestellt und reichlich dokumentiert, wird hier das farbige und bewegte Leben von Adolphe Sax ausführlich erzählt. Aber auch die Epoche, die nach dessen Tod im Jahre 1894 eingeleitet wurde, wird nicht vergessen. So kommt der Einfluss, den er auf die Jazzwelt und unsere heutige Musikwelt im Allgemeinen ausgeübt hat, deutlich an die Reihe. Zum Schluss machen die vielen Fragmente, sowohl Bild als Ton, die Museumerfahrung umso intensiver und fesselnder.
Für weitere Informationen: www.sax200.be
Text und Fotos: Mathieu Van Obberghen
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