Von Jürgen Klute.
Am Sonntag, den 20. März findet in Brüssel der diesjährige Kompost-Tag statt. Vermutlich sagt dieser Tag vielen Lesern nicht viel. Deshalb haben wir einfach mal nachgefragt: bei Tine Vanfraechem, einer Expertin für Nachbarschaftskompost (Buurtcompost bzw. Compost de Quartier) in Brüssel, sowie bei Teilnehmenden an dem Projekt. Vanfraechem gehört seit den Anfängen dieser Aktion im Jahr 2011 zu den zu Unterstützern und “Aktivisten” für diese Idee. Mittlerweile arbeitet sie als Umweltberaterin bei der Gemeinde Saint-Josse-ten-Noode.
Der jährliche Kompost-Tag, so Tine Vanfraechem, soll die Aufmerksamkeit auf dieses Projekt lenken und Einwohner einladen, sich zu beteiligen. Ursprünglich sollte der diesjährige Kompost-Tag im „Jardin de Maalbeek“ an der Rue du Moulin 139 stattfinden, dem ersten Kompost-Sammelpunkt in Saint-Josse-ten-Noode. Da aber ein großer und alter Baum im „Jardin de Maalbeek“ umsturzgefährdet ist und der Garten daher teilweise gesperrt ist, musste der Veranstaltungsort kurzfristig zum „Jardin de la Familie“ an der Rue Potagère 179 verlagert werden. Dort können sich Interessierte am 20. März von 14 Uhr bis 17 Uhr über das Nachbarschaftskompost-Konzept informieren auch darüber, wie man mitmachen kann. Auch in anderen Brüsseler Gemeinden finden ähnliche Veranstaltungen statt. Das Kompostnetzwerk in Saint-Josse-ten-Noode hat sich allerdings zu einem Impulsgeber für die gesamte Region Brüssel entwickelt.
So wurden zum Beispiel Tafeln mit Strichzeichnungen erarbeitet, die erklären, wie das Kompostieren funktioniert und die mittlerweile auch in anderen Gemeinden genutzt werden. Sie richten sich vor allem an die Einwohner, die mit der französischen oder niederländischen Sprache nicht so vertraut sind. Denn nicht alle organischen Abfälle eignen sich für den Kompost. Außerdem muss der Kompost immer wieder mit trockenem Laub und Holzschnitt gemischt werden, damit er gedeihen kann. Deshalb gibt es an den Sammelstellen auch unterschiedliche Behälter für die frischen organischen Abfälle, für Laub und Holzschnitt und für den fertigen Kompost.
Beteiligen kann sich jeder. Auch Schulen sind eingeladen. Interessierte werden gebeten, sich bei den für den Kompost verantwortlichen Mitarbeitern der Gemeinden zu melden. Sie erhalten dann eine kurze Einführung in die wichtigsten Regeln des Kompostierens und auf Wunsch auch einen kleinen Sammelbehälter. So jedenfalls wird es in Saint-Josse-ten-Noode gehandhabt, sagt Vanfraechem. Damit soll vermieden werden, dass nicht kompostierbare Abfälle im Kompost landen. Außerdem werden die „Aktivisten“ gebeten, sich ein oder zwei Mal im Jahr an den Pflegearbeiten für die Sammelstellen zu beteiligen. In Saint-Josse-ten-Noode gibt es acht Sammelstellen – manche sind öffentlich zugänglich wie an der „Promenade Verte“, andere sind in Einrichtungen integriert wie dem „Maison de Repos“ oder dem „Maison de la Familie“. Den fertigen Kompost können die Einwohner dann zu gegebener Zeit unentgeltlich mitnehmen und im eigenen Garten oder etwa für Balkonpflanzen als Dünger nutzen.
Warum eigentlich Nachbarschafts-Kompost?
Wir haben Tine Verfraechem auch gefragt, was Sinn und Ziel des Nachbarschaftskompost sei. Zwei klare Antworten hatte sie auf diese Frage. Zum einen gehe es um eine Verbesserung des lokalen Abfallmanagements. Organische Abfälle sollten soweit wie möglich ortsnah verwertet werden, um lange und die Umwelt belastende Transporte mit LKWs zum Einsammeln und Entsorgen zu vermeiden. Gleichzeitig solle ein Bewusstsein für Verwertungskreisläufe gefördert werden.
Zum anderen gehe es um soziale Aspekte. Nachbarn begegnen sich beim Kompostieren und kommen ins Gespräch. Für allein lebende Menschen ist das Kompostieren eine Motivation, aus den eigenen vier Wänden herauszukommen. In Schulen lernen Kinder etwas über natürliche Prozesse und können entdecken, dass der Kompost ein Lebensraum für viele Kleintiere ist. Eine der Sammelstellen in Saint-Josse-ten-Noode steht im Innenhof eines Altersheimes. Dies soll Nachbarn dazu anregen, nicht nur an diesem „Maison des Repos“ vorbeizulaufen, sondern auch einmal hineinzugehen und mit den Bewohnern in Kontakt zu kommen.
Wer trägt und finanziert das Ganze?
Getragen wird das Kompostnetzwerk in Brüssel von der Region Brüssel-Hauptstadt und den 19 Gemeinden. Die Region finanziert Projekte zur Förderung des Nachbarschaftskomposts. Der von der Region mitfinanzierte Verein „Worms ASBL“ unterstützt die Gemeinden durch eine Koordination der Netzwerke und durch Schulungen. So kann man sich bei „Worms“ zum Beispiel zu einem „Maître Composteur“ ausbilden lassen, wenn man sich intensiver in die Materie vertiefen möchte.
Die Gemeinden haben unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung. Saint-Josse-ten-Noode hat Tine Vanfraechem als angestellte kommunale Umweltberaterin auch damit beauftragt, das örtliche Kompost-Netzwerk zu begleiten. Sie ist also Ansprechpartnerin für interessierte Einwohner, sie organisiert das Netzwerk und lädt zu Treffen ein. Sie koordiniert die Pflege der Sammelstellen durch die Mitglieder des Netzwerkes. Zusammen mit den Gärtnern, die die Grünanlagen pflegen, kümmert sie sich darum, dass ausreichend Laub und Holzschnitt an den Sammelstellen zur Verfügung stehen. Schließlich sorgt sie auch dafür, dass die Kompostbehälter und das für die Pflege der Sammelstellen nötige Gartenwerkzeug auf Kosten der Gemeinde zur Verfügung stehen. Bisher, betont Tine Vanfraechem, habe die Gemeindeverwaltung das Kompostnetzwerk sehr engagiert unterstützt.
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