Von Ute Bakus.
Sie gehören zu den besten musikalischen Talenten Deutschlands: Simon Geilen (Gesang) und Paula Grammatikos (Klavier), beide im Abiturjahrgang der Deutschen Schule (iDSB), haben im diesjährigen Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ den Ersten Preis in der Kategorie „Musical“ erreicht. Von allen Teilnehmern deutscher Auslandsschulen am diesjährigen Wettbewerb sind die beiden Brüsseler zudem – gemeinsam mit einer Teilnehmerin aus Kairo – mit Abstand die erfolgreichsten: Im Finale erreichten sie 24 von maximal 25 erreichbaren Punkten.
Vom Regionalwettbewerb zum Finale
Im Gespräch mit dem Belgieninfo berichteten die beiden Siebzehnjährigen jetzt von ihren Erlebnissen und Erfahrungen, die sie aus den drei Runden des Wettbewerbs mitgenommen haben – angefangen vom Regionalwettbewerb im Januar an der iDSB über den Landeswettbewerb im März in Stockholm bis hin zum Bundewettbewerb, der Ende Mai in Lübeck stattfand. Begeistert erzählen sie von ihrem Wertungsspiel im Finale, das an einem Sonntag vor vollen Zuschauerrängen stattfand. „Das Publikum ist von Anfang an voll mitgegangen“, so Paula, und Simon ergänzt: „Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Witze, die man sich zuhause ausgedacht hat, dann beim Publikum auch ankommen! Das hat uns sehr getragen.“
„Offene Kehle“ und viel Emotion
„Musical“ ist im Vergleich zu den anderen Kategorien des Wettbewerbs eine Art „Vielseitigkeitsprüfung“: Denn bewertet werden nicht nur Gesang und Begleitung, sondern auch die schauspielerische und tänzerische Leistung. Die Teilnehmer müssen mehrere Songs aus verschiedenen Musicals ihrer Wahl in eine zusammenhängende Geschichte einbetten und eine passende Choreographie dazu entwickeln. Die Bundesjury war daher auch fachlich aus allen drei Sparten besetzt und habe bis in die technischen Feinheiten analysiert, erläutert Simon. „Sie haben ganz besonders Simons ‚offene Kehle‘ und unser Zusammenspiel gelobt“, berichtet Paula. Simon freut sich über das Urteil der Choreographin in der Jury: „Meine Bewegungen hätten sich sehr gut aus den Emotionen der Songs heraus entwickelt.“
Vielseitigkeit ist der Schlüssel
Vielseitige Talente bringen denn auch beide mit. Schauspiel betreibt Simon seit dem Wechsel in die Oberschule – wenn auch ohne Unterricht. Tanz ist in der der 9. Klasse dazu gekommen, Gesangsunterricht hat er sogar erst seit gut zwei Jahren. Und er überzeugt auch noch in einer vierten Kategorie, denn den Text für sein „Mini-Musical“ hat er selbst geschrieben. Seine Story hat tragische wie komische Momente: Ein Psychologe verzweifelt daran, sich immer nur mit den Problemen anderer beschäftigen zu müssen, ohne dass je jemand fragt, wie es ihm selbst geht. Die Songs illustrieren die jeweilige Gefühlslage: „I am what I am“ aus „La Cage aux Folles“, „Dressing them up“ aus „Kiss of the Spider Woman“ und „Mr. Cellophane“ aus „Chicago“, ebenso feinfühlig wie technisch versiert von Paula am Klavier begleitet.
Pianistin, Komödiantin, Klarinettistin
An Präsenz steht Paula ihrem Bühnenpartner in nichts nach. Von Anfang an war sie nicht nur kongeniale Pianistin, sondern auch „Sidekick“ mit eindrucksvoll komödiantischem Talent. Nach dem Landeswettbewerb baute Simon sein Stück auf Empfehlung der Landesjury noch um – und Paulas Rolle aus: Aus der Begleiterin wurde eine Bühnenfigur – und entsprechend von der Bundesjury gewürdigt. Paulas Vielseitigkeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf Musical. Denn einen Tag zuvor war sie beim Bundeswettbewerb schon in der Kategorie „Klarinette solo“ angetreten und holte in einer großen Konkurrenz einen hervorragenden Dritten Platz. Während Simon zum ersten Mal bei „Jugend musiziert“ dabei war, schaut Paula schon auf eine lange „Jumu“-Karriere zurück. Mit Klarinette hat sie es bereits das dritte Mal bis in den Bundeswettbewerb geschafft.
„Jugend musiziert“ seit 2015 auch in Brüssel
Der vom Deutschen Musikrat bereits seit 1964 jährlich durchgeführte Wettbewerb will jungen Musikern eine Standortbestimmung ermöglichen und junge Talente fördern. Mehr als 20.000 Teilnehmer traten in den bundesweit und an Deutschen Schulen im Ausland organisierten Regionalwettbewerben an. Etwa 7.500 schafften es in diesem Jahr in den Landeswettbewerb und 2.600 qualifizierten sich für den Bundeswettbewerb. Seit 1997 wird „Jugend musiziert“ auch an Deutschen Schulen im Ausland organisiert. Teilnahmeberechtigt sind alle Schüler einer Deutschen Schule, der deutschen Sektion einer Europaschule sowie im Ausland lebende Schüler mit deutscher Staatsangehörigkeit. In Brüssel fand erstmals 2015 ein Regionalwettbewerb statt, initiiert von Konstanze Rommel, Musiklehrerin an der iDSB. Im vergangenen Jahr richtete die iSDB sogar den Landeswettbewerb der Auslandsschulen in der Region Nord- und Osteuropa aus. In diesem Jahr durften insgesamt zehn junge Musiker aus Brüssel zum Landeswettbewerb an die „Tyska Skolan“ in Stockholm reisen. Im nächsten Jahr wird der Landeswettbewerb in Prag stattfinden.
Mit „Hairspray“ wieder auf der Bühne
Zwischen Bundeswettbewerb und Abiturprüfung stehen Paula und Simon in dieser Woche schon wieder auf der Bühne: vom 6. bis zum 8. Juni mit der Musicalgruppe der iDSB in „Hairspray“. Und wie sehen sie ihre Zukunft nach dem Ende der Schulzeit? Für Paula wird Musik immer ein wichtiger Teil ihres Lebens sein, auch wenn sie sich gegen ein Musikstudium entschieden hat. Simon wird im Herbst ein freiwilliges kulturelles Jahr am Theater Aachen antreten und sich auf die Aufnahmeprüfungen an Schauspielschulen vorbereiten. Für beide ist „Jugend musiziert“ ein großer Erfahrungsschatz. Die Vorbereitung habe schon lange vor dem ersten Wertungsspiel im Regionalwettbewerb begonnen und sei mindestens so wichtig wie die Wettbewerbe selbst: „Man spielt nicht einfach so rum, sondern hat ein Ziel vor Augen“, erklärt Paula. Dadurch könne man in kurzer Zeit große Fortschritte machen. Simon sieht sich durch die Wertungsspiele vor einer professionellen Jury gestärkt für die Aufnahmeprüfungen an den Schauspielschulen: „Solche Prüfungssituationen schon erfolgreich bestanden zu haben, hilft ungemein!“
Ich habe Paula schon in Hamburg im Kreativ-Bunker gesehen und gehört. Dort spielte sie allerdings Saxophon und wurde von ihrer Schwester am Klavier begleitet – offensichtlich eine sehr musikalische Familie. Toll! Ich werde sie weiterhin beobachten und freu mich auf ein nächstes Konzert mit Paula.