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“Mehr legale Wege für Schutzsuchende nach Europa”

bedford-strohm-web-foto-bayern_evangelischSeine erste Auslandsreise führte den neu gewählten Vorsitzenden des Rates der EKD, den bayrischen Landesbischof, Heinrich Bedford-Strohm am 2. Dezember nach Brüssel. Vor Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Vertretern der EU-Institutionen sowie Mitgliedern der deutschsprachigen Gemeinden sprach er auf dem ökumenischen Jahresempfang von evangelischer und katholischer Kirche. Ausgehend von der gemeinsamen kirchlichen Sozialinitiative, die im Februar dieses Jahres vorgestellt worden war, entwickelte er Perspektiven einer europäischen Sozialpolitik.

Dabei kritisierte er den Umgang der EU mit Flüchtlingen. Die Geschehnisse an den europäischen Außengrenzen seien eine Schande, so Heinrich Bedford-Strohm. Es dürfe nicht „billigend in Kauf genommen werden, dass das Mittelmeer zu einem Massengrab werde. Er forderte eine offene und konstruktive Debatte über mehr legale Wege für Schutzsuchende nach Europa und regte an, die bestehenden Instrumente von Familienzusammenführung, über Flüchtlingsneuansiedlung bis hin zu erleichterter Visavergabe zu nutzen. Eine zukunftsgerichtete Flüchtlingspolitik müsse allerdings auch an den Potentialen der Flüchtlinge ansetzten, so dass ein gesamteuropäisches Integrationsprogramm notwendig sei.

Sozialer Zusammenhalt der EU

Darüber hinaus unterstrich er die Verantwortung der EU für den sozialen Zusammenhalt. „Die EU-Kompetenzen im Bereich der Sozialpolitik sind beschränkt. Aber die Erwartungen der Menschen an Europa sind es nicht.“, betonte er. Zwar gebe es auf dem Weg aus der Staatsschulden- und Finanzkrise auch Hoffnungszeichen, doch müsse dem Auseinanderdriften von Süd und Nord, arm und reich, jung und alt weiterhin durch ein Zusammenspiel von nationaler und europäischer Ebene entgegengesteuert werden. Die Glaubwürdigkeit der Europapolitik der nächsten Jahre werde in hohem Maße davon abhängen, ob es gelingen werde, den sozialen Frieden zu erhalten. Deshalb sei es an der Zeit, dass das Finanzsystem seiner Rolle für ein soziales Europa gerecht werden könne, neben einer Finanztransaktionssteuer mahne er das Schließen von Steuerschlupflöchern an. Ferner sei eine Einigung über soziale Mindeststandards etwa über einen europaweiten Mindestlohn nötig.

Den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften komme beim nötigen Wandel der gesellschaftlichen Mentalitäten eine zentrale Bedeutung zu, betonte Bedford-Strohm. „Wir bringen auf der Basis unserer christlichen Tradition klare ethische Grundorientierung ein. Gleichzeitig beanspruchen wir nicht den Logenplatz auf irgendeiner hohen moralischen Warte“. Er äußerte Verständnis für die Herausforderungen und Dilematta in der politischen Arbeit und zeigte sich dankbar für den Dialog zwischen Kirche und den politischen Entscheidungsträgern auf EU-Ebene.

Gegen organisierte Sterbehilfe

Im Anschluss an den Vortrag beantwortete der Vorsitzende des Rates der EKD engagiert und zugewandt Fragen aus dem Publikum, dabei ging es u.a. um die Realisierbarkeit eines europäischen Mindestlohns, seine Haltung zum assistierten Suizid und seine Vision für die Evangelische Kirche in Deutschland. Hinsichtlich des Mindeslohns sei es ihm wichtig eine Debatte anzustoßen und angesichts der europäischen Binnenmarktes auch auf europäischer Ebene weiterzudenken, um Lohndumping entgegenzuwirken. Er sprach sich klar gegen aktive Sterbehilfe und lehnte eine gesetzliche Regelung des ärztlich assistierten Suizids ab. Er wandte sich zudem gegen organisierte Sterbehilfe und forderte den Ausbau von Palliativmedizin. Im Hinblick auf die künftigen Schwerpunkte seiner Arbeit an der Spitze der EKD machte er deutlich, dass er die die Stärke der Botschaft des Evangeliums als Orientierungsangebot auch für den säkularen Menschen herausstellen wolle.

Der Vortrag und die anschließende Diskussion fanden im Rahmen des traditionellen gemeinsamen Jahresempfangs in Brüssel statt, zu dem der Leiter des Kommissariats der Deutschen Bischöfe, Prälat Dr. Karl Jüsten, und der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Dr. Martin Dutzmann, geladen hatten.

Katrin Hatzinger

www.ekd.eu

Oberkirchenrätin Katrin Hatzinger ist Leiterin des Brüsseler Büros der EKD

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