Aktuell, Tourismus

Kunst im Untergrund: eine Entdeckungsfahrt mit der Brüsseler Metro

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Rik Poot: Ode an einen Bergfluss, 1985 (Station Hermann-Debroux)

Von Ferdinand Dupuis-Panther.

Was haben Paul Delvaux, Roger Raveel, Edmond Dubrunfaut, Octave Landuyt, Roger Nelles, Luc Peire oder Serge Vandercam und die Brüsseler Metro und Pre-Metro miteinander zu tun? Die Metro mit ihren Bahnhöfen und Zugängen ist die Projektionsfläche für Arbeiten der oben genannten und weiterer belgischer Künstler. Zugleich spiegelt diese „Galerie im Untergrund“ die Kunsttrends der letzten drei Jahrzehnte wider. So manches Museum in Brüssel oder Flandern würde sich glücklich schätzen, derartig hochwertige Kunst zeigen zu können. Wer an moderner und aktueller belgischer Kunst interessiert ist, der sollte den Besuch der Galerie im Brüsseler Untergrund beim nächsten Besuch in der belgischen Hauptstadt unbedingt einplanen.

Für die Nutzer der Metro ist der Kunstgenuss beinahe gratis, sieht man vom Lösen eines Fahrscheins einmal ab. Während die stressgeplagten Hauptstädter wohl eher nur aus einem Augenwinkel und im schnellen Vorbeigehen die hochkarätigen figurativen wie abstrakten und konkreten Arbeiten wahrnehmen, kann der Brüsselbesucher bei der Fahrt mit der Metro sich schon eher auf die Kunst unter dem Pflaster einlassen. Also hinein in die Metrolinien 1A und 1B. Hier und da heißt es, auf der Kunstentdeckungsreise unterwegs auszusteigen, durch die jeweiligen Metrostationen zu streifen und auf Kunst zu stoßen.

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Pol Bury: Moving Ceiling, 1976 (Station Beurs)

Von Reisen und dem Traum von Poelaert

Wer am Säuleneingang der ehemaligen Gewächshäuser der Station Kruidtuin vorbeiläuft und über die breiten Treppen in die Metro-Station hinabsteigt, wird auf „ Reisende“ (Pierre Caille, 1912-1996) treffen: Sie sind aus buntem Holz und täuschen eilige U-Bahn-Benutzer vor, die zur Arbeit hasten oder geschwind in den Feierabend abtauchen. Ein Betonsturz über den Bahngleisen der Station Kunst-Wet ist mit Kreisen und Quadraten in Schwarz und Weiß verfremdet worden, für den Künstler Gilbert De Cock ein Ausdruck von männlich und weiblich. Für die Station Louiza gestaltete Edmond Dubrunfaut mit „Die Erde und Blume“ einen bunten Wandteppich aus Kacheln. Den Gigantismus des Justizpalastes kommentiert Marcel Maeyer auf der gleichen Station mit der typografischen Arbeit „Traum von Poelaert“.

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Roger Raveel: Detail aus James Ensors “Vive la Sociale” (?), 1976, (Station Merode)

Traumbilder eines Surrealisten

Die wellige Landschaft des Brabanter Plateaus und des Zennetals, durch die sich die Metro ihren Weg bahnt, hat Paul de Gobert bei der Ausmalung der Station Vandervelde vor Augen gehabt. Jo Delahaut, einer der namhaften Vertreter abstrakter Kunst, hat für die Station Montgomery den 100 Meter langen „Brüsseler Rhythmus“, eine eigenwillige „Farbfeldmalerei“, entworfen. In der Vorhalle der Station Thieffry brechen Bronzeröhren, in denen Menschen gefangen sind, aus dem Betonboden, und auf der Station Diamant funkeln Spiegelpaneele über den Köpfen ungezählter Metronutzer. Der bedeutende belgische Surrealist Paul Delvaux, der für seine Traumbilder mit nackten Schönheiten, Architekturkulissen und alten Zügen bekannt ist, schuf für die Station Beurs eine Straßenszene mit einer Oldtimer-Tram.

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Yves Bosquet: Stuyvenbergh, 1985(Detail) (Station Stuyvenbergh)

Hallo Tim, hallo Struppi

In der Endstation der Linie 1B in Stokkel begegnen uns Figuren aus Hergés Comic „Tim und Struppi“: 140 Comicfiguren, die in 22 Tim-und-Struppi-Alben vorkommen, zieren die beiden Längswände der Station. Der cholerische Kapitän Haddock ist in Begleitung seiner Freunde Tim und Struppi zu sehen. Aus dem „Geheimnis des Einhorns“ stammt der Diener Nestor, der seine liebe Mühe mit der Siamkatze Costa hat. Auch der im Rollstuhl sitzende Professor Bienlein gehört zu den Figuren, die Hergé für „Tim und Struppi“ erdacht hat. In einer Rikscha lässt sich der japanische Geheimagent Mitsuhirato, der im Comic „Der Blaue Lotos“ eine Rolle spielt, herumkutschieren. Rastapopoulos, ein Gegenspieler Tims aus dem „Flug 714 nach Sydney“, ist ebenfalls unter den Figuren, die die U-Bahn-Station im Nordosten Brüssels schmücken.

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Paul de Gobert: La grande taupe et le petit peintre, 1982 ( Station Vandervelde)

Wo reitet er denn?

Gänzlich anders gestaltet wurde die Endhaltestelle der Linie 1A Hermann Debroux. Nicht Comics sind hier zu finden, sondern Arbeiten von Jan Cox, Roel D’Haese und Rik Poot. Hier treffen sich die moderne Variante des heiligen Christophorus – die Bronze „Der Flieger“ von D’Haese, der auf seinen Schultern ein stark gealtertes Kind trägt – und Rik Poots Reiterfigur, die eine Hommage an die legendären Steppenvölker Asiens darstellt und hinzukommt Cox’ apokalyptischer Malerei zum Thema des Untergangs von Troja.

Ähnlich wie auf dieser Station finden sich auch in der oben erwähnten Station Montgommery gleich mehrere Kunstwerke: „Make love, not war“ schien Pol Mara bei seinen vier Paneelen im Sinn gehabt zu haben. Gleichsam mit dem Weichzeichner hielt er eine Nackte, junge Mädchen und zwei Pferde im Galopp für die Nachwelt fest und ließ die Bildwerke in Zweiergruppen auf der Wand platzieren. Zu Mara gesellt sich noch Jean-Michel Folon mit seiner Malerei des „Poetischen Realismus“, die in „Magic City“ zum Ausdruck kommt. Ein ähnliches Thema, unsere „neuen Welt“, in der der rasche Wandel das Gebot der Stunde ist, hat Roger Somville aufgegriffen, als er die Station Hankar mit einem gigantischen Wandgemälde überzog. Einzelne Szenen gehen ineinander über, verdeutlichen das Nebeneinander von Lebenswelten. Dahinbrausende Motorradfahrer, hastende Menschen, nackte Schönheiten, ein „Maschinenmensch“ und ein Stahlarbeiter bevölkern Somvilles „Unsere Zeit“.

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Pierre Alechinsky: Sept Ecritures, 1976 (Station Delta)

CoBrA und andere

Den CoBrA-Künstler Pierre Alechinsky findet man im Brüsseler Untergrund (Station Delta) ebenso wie die Arbeiten belgischer Abstrakter und Minimalisten, man denke nur an und seine konkrete Kunst in der Station Hallepoort, wo zudem François Schuiten, eine Tram aus dem Treppensturz herausragen lässt.

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Roger Somville: Notre Temps, 1976 (Station Hankar)

Minimalistisch sind die schwarzweißen Zickzackgramme, die Pierre Cordier für die Station Rogier vorgesehen hat. Die Kunst der Abstraktion und der Farbflächen verkörpert nicht nur der oben genannte Jo Delahaut, sondern auch Jean Gilbert mit seinen farbigen Wandkacheln „Carrelage Cinq“ (Station Merode). Hier finden wir zudem eine Arbeit von Roger Raveel, dessen Stil sich so gar nicht in eine Schublade packen lässt:“Ensor.Vive la Sociale“. Unter den abstrakten Künstlern ist schließlich auch Jean Rets zu nennen, der in „Ortem“ (Station Kunst-Wet) Halbkreis, Vertikale Linien, Quadratsegmente und Halbkreis zu einer Komposition aus Kacheln vereinte.

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http://www.mivb.be/kunst-metro-art.html?guest_user=guest_nl

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