Karl Marx, einer der wichtigsten Denker und Philosophen des 19. Jahrhunderts, ist zu seinem 200-Jahr-Jubiläum in Belgien nur verhalten gewürdigt worden. Eine Ausnahme machte die Brüsseler Landesvertretung von Rheinland-Pfalz, in der die Initiatoren und Verantwortlichen der drei großen Marx-Ausstellungen in Trier zu einem Podiumsgespräch zusammenkamen. Brüssel spielte in der persönlichen wie politischen Geschichte von Karl Marx eine wichtige Rolle: Von Februar 1845 bis März 1848 lebte er in der Stadt, die damals als Hort für Liberalität und Pressefreiheit galt.
Der Freund und Weggefährte Friedrich Engels zog im selben Monat dorthin. Gemeinsam arbeiteten beide hier im Auftrag des Bundes der Kommunisten ein neues Programm aus, das im Februar 1848 als „Manifest der Kommunistischen Partei“ in London gedruckt wurde. Und auch sonst war die Brüsseler Zeit für Marx sehr wichtig. Hier entstanden langjährige Freundschaften, u.a. mit dem kommunistischen Publizisten Wilhelm Wolff oder dem Dichter Ferdinand Freiligrath. Die zweite Tochter Laura und Sohn Edgar wurden hier geboren.
Nachdem im Februar 1848 die Revolution von Paris auch Brüssel erreichte, wurden ausländische Kommunisten ausgewiesen. Dieses Schicksal teilte auch die Familie Marx, die nach der Verhaftung von Karl und Jenny am 3. März unverzüglich die Stadt verlassen musste. Der Lebensstation Brüssel ist in der Ausstellung im Stadtmuseum Simeonstift Trier ein ganzer Raum gewidmet.
Sebastian Seiffert, Mitarbeiter des Goethe-Institutes, hat die Brüsseler Jahre von Karl Marx in einer ausführlichen “Spurensuche” beschrieben. Belgieninfo.net übernimmt den Text mit freundlicher Genehmigung.
Anfang 1845 war es für den damals 26-jährigen Marx mal wieder Zeit, die Koffer zu packen. In Paris, wo er mit seiner Gattin Jenny von Westphalen und dem gleichnamigen Töchterchen die letzten zwei Jahre verbracht hatte, war er bei den Behörden durch Publikationen und Aktivitäten im Umfeld der deutschen Exilanten-Gemeinde zur persona non grata geworden. Den Ausweisungsbefehl nahm er offenbar recht nonchalant auf. Noch am Morgen des 1. Februar 1845 unterzeichnete er mit dem Verleger Leske einen Vertrag über eine Abhandlung zur „politischen Ökonomie“. Danach bestieg er eine Kutsche gen Norden, und nach einem Zwischenstopp in Lüttich erreichte er am 3. Februar Brüssel.
Hier gab es – wie in Paris – eine große deutsche Exilgemeinde. Erste Anlaufstelle für Marx war der Anwalt Gustav Maynz, der am Kleinen Zavel ein Anwaltsbüro betrieb und an der noch jungen Freien Universität Brüssel unterrichtete. Auch den aus Berlin stammenden Arzt Martin Breyer traf Marx bereits in den ersten Tagen – er wurde nicht nur zum Hausarzt der Familie, sondern half auch bei der Wohnungssuche.
Ihre Biographien sind typisch für deutsche Akademiker im Exil – als Burschenschaftler wurden sie von den preußischen Universitäten ausgeschlossen und wegen ihrer Mitarbeit an liberalen Zeitungen polizeilich verfolgt. Auch Marx als zeitweiliger Chefredakteur der in Köln erscheinenden Rheinischen Zeitung konnte ein Lied davon singen. Als das Oppositionsblatt 1843 verboten wurde, war das ein wesentlicher Grund für ihn, Preußen den Rücken zu kehren.
Die fortschrittlichste Verfassung Europas: Belgien
In Belgien lagen die Verhältnisse anders. Der junge Staat hatte – neben Großbritannien – die fortschrittlichste liberale Verfassung in Europa, die unter anderem die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit garantierte. Auch wirtschaftlich befand sich das Land im Aufschwung – ein Gesetz von 1834 legte die Grundlagen für ein engmaschiges Eisenbahnnetz, und die wallonische Schwerindustrie begann sich bereits zu entwickeln.
Mit Hilfe des Anwalts Mayntz gelang es Marx rasch, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten – allerdings unter Auflagen: „Um die Erlaubniß zum Aufenthalt in Belgien zu erlangen, willige ich ein mich auf Ehrenwort zu verpflichten, in Belgien keine Schrift über Tagespolitik zu publiciren“. Diese Erklärung musste Marx gegenüber dem Polizeibeamten Baron Hody abgeben, der seinerseits Kontakte zur preußischen Gesandtschaft in Brüssel unterhielt.
Die heilige Familie
Zunächst entsprach es auch tatsächlich gar nicht den Absichten des promovierten Philosophen Marx, derartiges zu veröffentlichen. Er hatte Grundsätzlicheres im Sinn. Aus den Jahren 1845 und 1846 datieren mehrere theoretisch-philosophische Arbeiten. Hierzu gehört das erste zusammen mit Friedrich Engels herausgegebene Werk, Die heilige Familie. Die beiden waren sich zuvor in Köln und Paris begegnet, doch die enge Zusammenarbeit begann in der Brüsseler Zeit, wo sie zeitweise mit weiteren Deutschen wie Moses Hess oder dem Arzt Breyer in derselben Straße im heutigen Stadtteil St-Josse wohnten.
Aus diesen Jahren stammen auch die Thesen über Feuerbach und Die deutsche Ideologie, die jedoch damals keinen Verleger fanden und erst Jahrzehnte später gedruckt wurden. Im Rückblick können diese Werke dennoch als bahnbrechend gelten, da in ihnen zentrale Elemente des historischen Materialismus erstmals formuliert werden. Marx selbst schrieb in späteren Jahren zur Deutschen Ideologie: „Wir überließen das Manuskript der nagenden Kritik der Mäuse um so williger, als wir unsern Hauptzweck erreicht hatten – Selbstverständigung.“
Während Marx und Engels bis zum Morgengrauen über ihren Schriften oder durchaus auch bei Wein und Kartenspiel saßen, blieb die Bewältigung des Alltags Jenny von Westphalen und der Magd Helene Demuth vorbehalten. Geldsorgen waren ein Dauerzustand, da die Einkünfte aus den Publikationen spärlich und kaum voraussehbar waren. Das Mobiliar im neuen Domizil in der Rue d’Orléans [heute Rue Jean d’Ardenne] im Stadtteil Ixelles, das die Familie aufgrund der zweiten Schwangerschaft von Jenny Ende 1846 bezog, beschreibt ein Zeitgenosse als „sehr bescheiden“, ja sogar „ärmlich“. Hier wurde im Februar 1847 der erste Sohn, Edgar, geboren.
Der „Deutsche Arbeiterverein“
Im selben Jahr 1847 nahm die Arbeit von Marx und Engels praktischere Züge an. Im Zentrum standen nun nicht mehr abstrakte Schriften, sondern der direkte Kontakt mit demokratisch gesinnten Arbeitern, Handwerkern und Bürgerlichen. Ein Forum für diese neue Art der Agitation wurde der „Deutsche Arbeiterverein“. Hier traf man sich mehrmals wöchentlich zu Zeitungslektüre und Vorträgen, etwa zur Frage des Freihandels. Gerade Marx’ Vorträge standen im Ruf, theoretisch komplex und Nicht-Akademikern nur schwer zugänglich zu sein. Einmal wöchentlich traf man sich aus rein geselligem Anlass, hierzu waren dann auch die Arbeiterfrauen zugelassen.
Neben dieser lokalen Bildungsfunktion war der Arbeiterverein für Marx und Engels auch ein Mittel der internationalen Vernetzung. Schon seit 1846 hielten sie enge briefliche Kontakte zum demokratisch-internationalistischen Verein Fraternal Democrats in London. Engels, der einige Zeit in einer Filiale des väterlichen Handelskontors in Manchester gearbeitet hatte, war ein ausgewiesener Kenner der englischen Verhältnisse. Eng blieben auch die Kontakte nach Paris.
Zunächst fungierte dieses Netzwerk als „Kommunistisches Korrespondenz-Komitee“, Mitte 1847 entstand eine eigene Dachorganisation mit Sitz in London, der „Bund der Kommunisten“. Von diesem Gremium erhielten Marx und Engels gegen Jahresende den Auftrag, eine programmatische Schrift zu verfassen – sie sollte später unter dem Titel Manifest der kommunistischen Partei einige Berühmtheit erlangen. Es hat eine gewisse Ironie, dass die wesentlichen Teile dieser Schrift in dieser stillen Straße in Ixelles entstanden, die nur wenige hundert Meter von den heutigen Luxus-Boutiquen der Avenue Louise entfernt ist.
Das Lokal Le Cygne an der Grand-Place
Ihrer Perspektive und bereits ihrem Titel nach internationalistisch war auch die Association Démocratique, ayant pour but l’union et la fraternité de tous les peuples [Demokratische Vereinigung mit dem Ziel der Vereinigung und Brüderlichkeit zwischen allen Völkern]. In diesem oppositionellen Verein gaben Belgier den Ton an, die bereits an der zur Staatsgründung führenden Revolution von 1830 beteiligt waren, so die Rechtsanwälte Lucien Jottrand und Charles-Louis Spilthoorn. Von den in Brüssel lebenden Ausländern waren unter anderem Polen, Schweizer, Franzosen und Deutsche an der Gründung beteiligt, Marx erlangte den Posten eines stellvertretenden Vorsitzenden. Die Gruppe traf sich teils im Lokal Le Cygne an der Grand-Place, so auch zu einem Bankett am Silvesterabend 1847. Daran erinnert eine Gedenktafel, die 2006 auf Initiative des Brüsseler SPD-Ortsvereins und mit Unterstützung des Brüsseler Bürgermeisters Freddy Thielemans angebracht wurde. (Im selben Lokal gründete sich Jahrzehnte später, nämlich 1885, die belgische Arbeiterpartei.)
Der Association Démocratique war jedoch keine lange Existenz beschieden. Zu den wenigen überlieferten Aktionen zählen eine Solidaritätskundgebung zum zweiten Jahrestag des Krakauer Aufstands vom Februar 1846 und eine Grußadresse „an das Schweizer Volk“ im Kontext des Sonderbundskriegs. Dann brach in Paris die Februarrevolution aus, und die belgische Regierung bekam es mit der Angst zu tun – vor allem um die Unabhängigkeit des jungen Staates.
Die zuvor tolerierte Association wurde kriminalisiert und als Organ ausländischer Unruhestifter gebrandmarkt. Ohnehin plante Marx unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Pariser Ereignisse, dorthin zurückzukehren. Er hatte sich bereits für die letzten Tage in Brüssel im Gasthof Le Bois sauvage einquartiert, als er dort wegen angeblicher Waffenkäufe im Namen der Association in der Nacht zum 4. März 1848 verhaftet wurde. Dasselbe Schicksal ereilte zahlreiche andere Mitglieder. Da jedoch auch eine ausführliche Durchsuchung des Hotels keine Waffen zum Vorschein brachte, ließ die Polizei Marx noch am selben Tag wieder frei – freilich gegen die Zusicherung, Belgien umgehend zu verlassen.
Das Jahr 1848 sah Marx und Engels an diversen Revolutionsschauplätzen in Frankreich und im Deutschen Bund. Als die Reaktion sich abermals durchsetzte, gingen beide ins Exil nach London. Vom Scheitern der Revolution enttäuscht, wandten sie sich für viele Jahre wieder ausschließlich der theoretischen Arbeit an ihren Publikationen zu.
Mit freundlicher Genehmigung des Goethe-Institutes Brüssel.
Der Abend in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung
Die rheinland-pfälzische Landesvertretung konnte zu ihrer Podiumsdiskussion gewinnen: Für die Landesausstellung KARL MARX 1818-1883 LEBEN. WERK. ZEIT. waren der Vorsitzende des Aufsichtsrates und Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz Prof. Dr. Salvatore Barbaro, Thomas Schmitt, Kulturdezernent der Stadt Trier, stv. Aufsichtsratsvorsitzender der Ausstellungsgesellschaft und die wissenschaftliche Leiterin der Landesausstellung und Marx-Expertin Prof. Dr. Beatrix Bouvier zugegen. Seitens der Partnerausstellungen waren Dr. Anja Kruke, Leiterin des Archivs der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, für die neu eröffnete Dauerausstellung im Museum Karl-Marx-Haus vor Ort sowie Micha Flesch, Kulturbeauftragter des Bistum Trier, für die Ausstellung LebensWert Arbeit im Museum am Dom, die ebenfalls noch bis zum 21. Oktober in Trier zu sehen ist. Moderiert wurde das Gespräch in Brüssel von Dr. Rainer Auts, dem Geschäftsführer der Karl Marx-Ausstellungsgesellschaft mbH in Trier.
Marx ist nicht nur einer der wichtigsten Denker des 19.Jahrhunderts sondern auch in der heutigen Gegenwart ist Marx alles andere als Ueberfluessig oder ueberholt.
Sehen wir uns den heutigen Zustand der Gesellschaft an und ziehen die politischen Entscheidungen unserer Volksvertreter an , dann sehen wir , dass bewusst und gezielt die Reichen immer reicher werden und selbst an der sozialen Armut noch verdienen.
Das Volk ist wie zu Zeiten “Marx” nur noch der “Zahlmeister” und Melkkuh der Nation.
In unseren “Polit-Tempeln” in Bruessel steht ein grosses Verkehrsschild ” Umleitung zurueck ins 19.Jahrhundert” !! Es wird Zeit, dass wir das Volk bei den kommenden Wahlen sowohl in den Gemeinden als auch Foerderal zum “Gross-Sauber-machen” anstimmen !!