Von Anne Kotzan.
Der Himmel verheißt einen schönen Tag, die Autobahn um Brüssel ist am Sonntagmorgen wie leergefegt, das GPS verkündet, nächste Ausfahrt Waremme, weiter auf einer alten Römerstraße in Richtung Tongeren bis zum Schild Heks. Dann wird die Landschaft malerisch schön, Felder, alte Obstbäume, die Straße taucht ein in eine Allee, rechts herrschaftliche Ziegelbauten, an der Ecke der ehemalige Bahnhof, dahinter die einstige Klosterschule, links dann der alte Gutshof, bevor auf einem Hügel in einem parkartigen Garten das Schloss Hex anmutig wie eine Dame auf dem Chaiselongue ruht.
Eifrig winkt mich ein älterer Mann auf einen sporadisch eingerichteten Parkplatz. Zweimal im Jahr, wenn das Schloss seine Gärten öffnet, bringt der Job Abwechslung in seinen Rentneralltag. Ich frage den redelustigen Herren, wieso einmal von Hex und dann wiederum von Heks die Rede ist und er antwortet mit Lachen, „tja, hier in der Gegend heißt ein Ort mal Waremme, mal Borgworm, wir leben hier in Flandern in Limburgs Haspengau im Grenzgebiet zu Wallonien! Hex hat damit aber nichts zu tun, der Name steht für das Anwesen und Heks für das Dorf“. Eingestimmt auf Historisches mache ich mich zu Fuß auf den Weg zum Schloss.
Protzigkeit scheint keine Eigenschaft des Bauherrn gewesen zu sein. Aus den für die Region typischen hellroten Ziegeln errichtet, zeugt die eingeschossige Dreiflügelanlage stattdessen von unaufdringlicher Eleganz. Fasziniert von der Landschaft ließ der Fürstbischof von Lüttich, Franz-Karl von Velbrück, im ausgehenden 18. Jahrhundert ein Sommer- und Jagdschloss bauen, Gärten anlegen, darunter einen Englischen Garten, einen der ersten auf dem europäischen Kontinent. Damit verwirklichte der 1719 in Garath, heute ein Stadtteil von Düsseldorf, geborene Fürstbischof seinen Traum von Arkadien und legte den Grundstein für eines der am besten erhaltenen Güter in Belgien.
Fischerman’s Friend
Es ist noch Vormittag und schon kommen mir Leute mit Pflanzen auf dem Arm entgegen. Ein Paar zieht zufrieden einen kleinen Handwagen hinter sich her, auf dem sich purpurfarbene Rosenblüten hin und her wiegen. Neugierig geworden, verwickle ich sie in ein Gespräch. Sie kommen aus Zeeland in den Niederlanden jedes Jahr zu den offenen Gärten von Hex. „Endlich haben wir für unsere Meeresnähe das Richtige gefunden, Fisherman’s Friend“, verkündet er. „Nein, nicht die Mentholbonbons, die Rose heißt wirklich so, bestätigt seine Frau schmunzelnd.
An der Rückfront des Schlosses fließt der Garten in drei Terrassen den Hügel hinab bevor sie sich in den Landschaftspark ergießt. Rosenbüsche in Rosa, Pink und Rot setzen Akzente in dem satten Grün des Rasens. An der Kasse bekomme ich einen Plan und die Information, dass hier kein musealer Betrieb zu Hause ist, sondern die Familie des Grafen Ghislain d’Ursel.
Verlockend scheint mir der Pflanzenmarkt, doch noch reizvoller ein Erkundungsgang durch die Anlage. Den von hohen Hecken umrahmten Ehrenhof bildet ein französischer Garten, rechts liegt ein kleines, aber exquisites Rosarium. Die ältesten Rosen stammen noch aus dem 18. Jahrhundert und wurden wahrscheinlich von der Ostindischen Kompanie hierher gebracht. Betörend ist hier der Duft. Gegenüber befindet sich der chinesische Garten mit einem Pavillon, der einen Mandarin schützt. Weiter gehe ich entlang der Promenade, deren schöne Balustrade mit Rosenblüten behängt ist. Der Blick fällt auf einen Bauerngarten mit Blumen und Gemüse und natürlich Rosen, Rosen.
Plötzlich stehe ich vor einer Rose mit dem Namen „Rose Gravin Michel d’Ursel“, ein pastellenes rot-rosa Blütenmeer mit gelben Herzen. Der Rosenzüchter Louis Lens hatte 1994 seine neue Kreation der Gräfin Michel d’Ursel, bekannt als Nanda, gewidmet. Sie begründete seit den 1960er Jahren die Sammlung alter und seltener Rosen und rief die offenen Gärten Hex ins Leben. Ihr Erbe hält ihre Familie weiterhin lebendig und bis heute sind ihre Gärten Anziehungspunkt für alle Rosenspezialisten und Liebhaber. „Historische Gärten erhält man zum Gefallen und nicht für Profit“, so ihr Sohn Graf Ghislain d’Ursel.
Beinahe hätte ich bei all der Schönheit mein eigentliches Anliegen vergessen, einen besonderen Rosenstock für meinen Garten zu kaufen, und so kehre ich zum Markt zurück. Das Angebot von all den Farben, Formen und Düften kann einen schwindelig machen. Unter den Händlern sind auch so bekannte Namen wie Louis Lens, Daniel Schmitz und Peter Beales. Bereits seit 1994 hat Schmitz einen Stand in Heks und auch Peter Beales aus Großbritannien ist seit vielen Jahren dabei. Zu den Highlights gehört die Taufe einer neuen Rosenzüchtung. So nannte der für seine alten Sorten bekannte Beatles seine neue Kreation 2013 „Kastell Hex“.
Für welche Rose ich mich entschieden habe, bleibt offen. Vielleicht lassen Sie sich ja Anfang Juni auch begeistern.
INFO:
Das Kasteel Hex, Meerstraat, 3870 Heers, Tel: +32 – (0) 12 74 73 41, www.hex.be, öffnet an dem Wochenende 8., 9., und 10. Juni seinen Park und die Gärten dem Publikum.
Außerdem gibt es einen großen Pflanzenmarkt, Führungen sowie verschiedene Programme und Kulinarisches, auch für Kinder. Eine weitere Chance zum Besuch bietet sich zum Septemberfestival am 8. und 9. September 2018.
Im Dorf unterhalb liegenden Dorf Heks gibt es neben einem Bäcker und der Dorfkeipe “Bei Rita” auch eine Café-Terrasse mit Galerie, Ausstellung Jacques Charlier bis 17. Juni, “Paysage Artistique” and other works, im Hof eines ehemaligen Bauernhofs. (De Henehoeve, Henestraat 12, – auch kleines B&B).
Originelle Übernachtungsmöglichkeit:
Der Beginn einer Platanenallee zum Schloss Hex (aus Richtung Borgloon) wurde von dem Künstler Dré Wapenaar mit 4 Ballon-Zelten gestaltet, ein Projekt von Z33, Kunst in offenen Räumen. (Weitere Information und Buchung bei Tourism Borgloon, Tel +32-(0)-12673653)
Das Ganze wird einem vermießt, wenn von einem Wachmann der bezahlte Eintritt verwehrt wird, bloß weil man seine Körpertemperatur vor dem Eingang ins freie Austellungsgelände nicht scannen lassen will.
Wenn der Veranstalter das unbedingt machen muss, sollte er das vor Kauf der Tickets im Internet angeben, dann weiß man vorher Bescheid. Wir wären dann auch nicht umsonst hingefahren und hätten uns das Geld dieses Jahr gespart. Äußerst rüpelhaft und für uns sehr schade!