Archiv, Gastronomie

Dies ist keine grüne Soße

grie3Von Rudolf Wagner.

Die Briten könnten ruhig die Europäische Union verlassen, gerade sind ja die Frankfurter reingekommen! Erst jetzt erfahren wir, dass die EU-Kommission das Eintragungsverfahren zur Frankfurter Grünen Soße/Frankfurter Grie Soß mit der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung vom 25. Februar 2016 im Amtsblatt der Europäischen Kommission am 9. März 2016 abgeschlossen und damit die „Frankfurter Grüne Soße“ in das Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben aufgenommen hat. Es wurde aber auch Zeit!

Wie wir aus dem Munde des obersten hessischen Kräuterbauern, Thomas Södler, beim Grüne-Soße-Essen in der hessischen Landesvertretung erfahren durften, hat es so um die 12 Jahre gebraucht, um die letzten bürokratischen Hemmschwellen in Brüssel, aber unglaublicherweise auch in Frankfurt zu überwinden. Die Verbraucher könnten verwirrt werden, meinte so mancher Sesselfurzer: die „Frankfurter Grie Soß“ ist nämlich keine Sauce, sondern „nur“ eine Frischkräutermischung, mit der grenzüberschreitend Koch und Köchin verfahren dürfen, wie sie wollen! Es soll über 10000 Rezepte dafür geben. Und Exporte sogar nach Japan.

Die “grie Soß” sitzt nun also zwischen Äbbelwoi, auch geschützt, Bayerischem Bier und schwäbischen Spätzle, Dresdner Christstollen nicht zu vergessen. Alle amtlich geschützt. Sieben Freunde sollt ihr sein, heißt es, also Kerbel, Petersilie, Schnittlauch, Borretsch, Pimpernelle, Kresse und Sauerampfer müssen dabei sein. Was eben so in der Umgebung von Frankfurt zu Zeiten unserer Großmütter gewachsen ist. Das alles in fein abgestimmtem Verhältnis.

Wer versucht, sich hier in Belgien im Supermarkt zu versorgen, um die grüne Sauce herzustellen, und die Pflichtkräuter selbst aussuchen will, wird schnell an seine Grenzen stoßen. Borretsch ist das Problemkraut, das es nur in Hessen zu kaufen gibt. Um die Nachfrage nach diesem Grün zu befriedigen, genügten eigentlich die Frankfurter Anbauflächen. Die aber werden wegen der Stadtnähe von Bio-Liebhabern kritisch beäugt, denn die Böden könnten belastet sein.

Es soll in Kassel Menschen geben, die Dill und Zitronenmelisse als Ersatz verwenden. Der Herr Södler ist damit nicht einverstanden: “Wer Frankfurter Grüne Soße nachmacht oder verfälscht”, so belehrte er uns augenzwinkernd, “oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in den Verzehr bringt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft.” Das Risiko ist gering. In Belgien gibt es bei Colruyt und Lidl, Carrefour und Aldi keine grüne Soße.

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