Von Walter Grupp.
Belgien war bekannt dafür, dass Mieteinnahmen für Wohnraum kaum besteuert wurden. Das ist so heute nicht mehr richtig. Dennoch wird dieser Glaube immer wieder hervorgeholt, um höhere Steuern für die Vermietung zu fordern. Wer fürs Alter vorsorgen wollte oder den Banken nicht mehr traute, war in Brüssel stets gut beraten, eine Wohnung zu kaufen, um Sie dann am besten an die nicht gerade armen Funktionäre und Experten um die Institutionen herum zu vermieten.
Denn in Belgien werden nicht die realen Mieteinnahmen wie in Deutschland belastet, sondern ein vor Jahrzehnten festgelegter fiktiver Wert, der schon damals von der Realität stark abwich bzw. ungewöhnlich niedrig war. Das sogenannte revenu cadastral, das kadastrale Einkommen. Der Wert lag oft unter einer Monatsmiete. Dieser fiktive Ertrag ist in der Steuererklärung anzugeben, und dazu, ob zu privaten Zwecken (also nicht professionell, d.h. berufsmäßig) vermietet wird.
Das kadastrale Einkommen
Der Betrag wurde aber seit der damaligen Fixierung erhöht und auch seit 1991 jährlich indexiert. Das dient der Verwaltungsvereinfachung. Ähnlich wie der Einheitswert in Deutschland. Wenn der fiktive Mieterlös mäßig bleibt, hat auch kaum jemand was dagegen.
Für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage wird jedoch dieses ursprüngliche fixierte kadastrale Einkommen, sagen wir z.B. 1 500 €, erheblich erhöht. Dieser Betrag wird multipliziert mit einem Koeffizienten, der dem belgischen Lebenshaltungskostenindex Rechnung trägt. Für das Jahr 2019 wurde dieser Koeffizient auf 182,30 % festgelegt. Dann wird aber nochmals multipliziert, und zwar mit 140 %. Das war nicht immer so. Damit erhöht sich dieses fiktive Einkommen auf weit über das Doppelte, auf 3 828,30 €. Wer über 40 480 € verdient, zahlt für diesen Teil bereits den Spitzensatz von 50 % Steuer. Dazu kommt noch die Gemeindesteuer. Diese liegt bei so manchen Gemeinden schon über 8 % von der Steuer. Die Ville de Bruxelles ist bescheiden und erhebt nur 6%. Insgesamt beläuft sich im Beispiel die Steuer also in Brüssel auf 53 %, d.h. 2029 €. Realistische Monatsmieten liegen bei bei ca. 900 €. Das sind mehr als zwei Monatserlöse.
„Grundsteuer“
Hinzukommt die „Grundsteuer“, die sog. précompte immobilier. Für diese Steuer dient das kadastrale Einkommen ebenfalls als Berechnungsgrundlage. Von dem jährlich indexierten Einkommen werden festgelegte Bruchteile, auf die Region, die Provinzen und die Gemeinde verteilt. Die Gemeinde bekommt den Löwenanteil. Als Prozentsatz vom kadastralen Einkommen kann diese précompte schnell den Betrag einer realen weiteren Monatsmiete und mehr erreichen. Der genaue Prozentsatz hängt von der Gemeinde ab. Bei einem indexierten kadastralen Einkommen von 1 500 € in Brüssel liegt er allerdings nur etwas über der Hälfte.
Anders als früher kann diese précompte, obwohl „Vorausabzug“ genannt, nicht mehr auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Es handelt sich um eine weitere Steuer. Zusammen mit dem revenu cadastral ergibt sich also bei dem Beispiel schon eine Belastung von bald 3000 €.
Kosten nicht abziehbar
Die Häuser sind oft 100 Jahre alt. Feuchtigkeit von oben aber auch unten, das Dach, Fenster, die Heizung , der Kalk in den Leitungen, die Küche, vom Zustand der Elektrizität ganz zu schweigen, bedeuten ständige Ausbesserung bzw. Renovierung. Die Arbeitskosten auch der polnischen Bürger in Belgien steigen stetig. Insbesondere, wenn Fachkräfte fehlen.
Dann Brandschutzversicherung, Gutachterkosten für das energetische Umweltgutachten (PEB), insbesondere die Maklergebühr. Mietverträge unter 3 Jahren sind in Brüssel häufig. Die Maklergebühr fällt dennoch jedes Mal an.
All die Kosten sind nicht abziehbar bei der Steuer. Egal wie hoch sie sind. Die Steuer bleibt geschuldet. Auch bei Mietausfall.
Die Erfahrung zeigt, dass all diese Ausgaben und Verluste sich ohne weiteres mit 40% beziffern lassen.
Bei einer Jahresmiete von z.B. 10 800 (Monatsmiete 900 €) blieben nach allem nur 10 800 ./. 4320 ( 40%) ./. 3 000 = 3 480 € übrig. Bei einem Kaufpreis von 300 000 € für eine nicht gerade großzügige Wohnung im EU-Viertel bedeutet das eine Rentabilität von etwas über einem Prozent. Damit lässt sich der mit der Vermietung verbundene Aufwand schwer rechtfertigen. Wer einen Bankkredit aufgenommen hat, macht Verluste.
Vermietung zur beruflichen Nutzung
Obige Rechnung gilt nur für die private Nutzung. Werden Flächen für eine berufliche Nutzung überlassen, wird die tatsächlich erzielte Miete belastet.
Wer mehrere Wohnungen vermietet, läuft ebenfalls Gefahr, die realen Einnahmen versteuern zu müssen. Verkauft er ein Apartment um ein anderes zu kaufen, steht er sofort im Verdacht, zu spekulieren, also geschäftsmäßig zu handeln. Dann wären ebenfalls die realen Mieten und nicht nur der fiktive Mietwert zu versteuern.
Im Moment muss zwar dieses geschäftsmäßige Vorgehen noch vom Finanzamt bewiesen werden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass eines Tages allein der Besitz mehrerer Wohnungen genügt.
Grunderwerbsteuer
Schon beim Erwerb fällt eine erhebliche Grunderwerbsteuer, die sog. droit d’enregistrement an. Abhängig von der Region 10% oder 12,5%. In Deutschland liegt sie abhängig vom Bundesland nur ungefähr bei der Hälfte.
Dazu kommen die Notarskosten.
Für eine neue Immobilie fällt anstelle dieser Registrierungssteuer die Umsatzsteuer von 21% an.
Erbrecht
Wer nicht zu Lebzeiten für eine geschickte Übertragung in Form von Schenkungen sorgt, zahlt in Belgien exorbitante Erbschaftsteuern.
In direkter Linie fallen in der Region Brüssel-Capitale für alles, was über einem Wert ab 250 000 € liegt, 24 % an, ab 500 000 € 30 %.
Z.B. für Geschwister liegt der Satz ab einem Wert von 175 000 € aber schon bei 60 %. Ab 250 000 € bei 65 %.
Für nichtverwandte Dritte liegt der Steuersatz für alles was über 175 000 liegt bei satten 80%.
Nicht umsonst hat Eurostat, indem all dies berücksichtigt wurde, schon 2016 festgestellt: Belgien hat die dritthöchste Belastung auf Immobilien von den 28 Mitgliedsländern der EU. Nach Frankreich und dem Vereinigten Königreich.
Walter G. Grupp ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht (DE) sowie Comptable-fiscaliste agréé IPCF (BE)
Interessant, dass Belgien dafür bekannt war, dass Mieteinnahmen für Wohnraum kaum besteuert wurden. Ein Steuerberater für Privatzimmervermietung hat mir empfohlen genau hinzuschauen, bevor ich etwas untervermiete. Gut zu wissen, dass für die Grundsteuer das kadastrale Einkommen ebenfalls als Berechnungsgrundlage gilt.
Kein Wunder , dass man nicht gerne mehr in Belgien investiert.
Belgien hat die höchsten Steuern in der EU , ist trotzdem höchst verschuldet, schlampig regiert,ca 1/3 mehr Steuern als in der Schweiz , aber dort ist alles propper und die staatlichen Institutionen von Hospital bis Justiz vorzüglich!
Das klingt ja alles eher deprimierend! Dann fehlen ja nur noch die Vorschriften zur energetischen Sanierung, die Mietpreisbremse, der Mietendeckel und natürlich auch der Denkmalschutz!
Mich wundert, dass auch nicht die Kosten für die Instandhaltung bei der Steuerberechnung abgezogen werden. Der Vermieter hat ja dann erst recht keine Lust mehr, eine Steckdose zu wechseln oder die Wand anmalen zu lassen. Dabei rede ich noch gar nicht von der Bekämpfung der Schwarzarbeit.
Ein sehr interessanter und informativer Artikel!
Vielen Dank für die Klarstellung der belgischen (Steuer-) Rechtslage. Das war mir so nicht bewusst.
Am Ende gewinnt immer der Staat….
Vielen Dank, Hr. Grupp, für diese Aufstellung. Jetzt werde ich mir das nochmal genau überlegen, ob ich wirklich in eine belgische Immobilie investiere….