Belgien, ein Bierland. Mit seinen schweren Spezialbieren, wie Westmalle und Duvel, gehört es zu der Weltspitze. Sogar die größte Brauereigruppe der Welt (AB Inbev) hat seinen Hauptsitz in Löwen. Aber es wird sich in diesem Artikel nicht um die weltbekannte belgischen Biere handeln, sondern um eine Reihe nahverwandter Biere mit einer jahrhundertelangen Geschichte.
Im Süd-Westen Brüssels befinden sich das hügelreiche Pajottenland und das Zennetal. Versteckt zwischen den zahlreichen Hügeln und Bäumen kann man 11 Brauereien finden. Ihr Geschäft? Lambik, Geuze und Kriek, wobei das erste die Grundlage für die zwei anderen Biere ist.
(Red.) Dies ist ein Beitrag aus unserer Serie: “Sprachschüler schreiben für Belgieninfo”. Wir haben absichtlich die Texte nicht korrigiert, um die Verfasser zu ermutigen, in ihren Bemühungen für die deutsche Sprache nicht nachzulassen. Zugleich beglückwünschen wir sie für ihre Kenntnisse und Fähigkeiten. Weiter so!
Lambik
Lambik ist wahrscheinlich das älteste Bier in Europa, das immer noch nach den ursprünglichen Regeln gebraut wird. Es ist ein Weizenbier, einBier, das bereits im frühen Mittelalter in Europa gebraut wurde. Die Zeit hindurch wurden bessere Weisen des Brauens angewandt, die die Qualität des Bieres steigerten. Später, 1420, wurde die Menge Weizen im Weizenbier vom damaligen Herzog Brabants gesetzlich festgelegt. Tatsache ist, dass es viel älter ist als, zum Beispiel, die acht bekannten Trappistenbiere, die erst im 19. Jahrhundert gebraut wurden.
Sowie bei den meisten Bieren sind die Zutaten Wasser, Weizen, Gerstenmalz und Hopfen. Der Weizen und das Gerstenmalz werden mit warmem Wasser vermischt. Diese Mischung wird dann von den anderen Stoffen getrennt. Die Würze ist was übrigbleibt. Jetzt wird die Würze gekocht und wird gealterter Hopfen zugefügt, wovon die ungelösten Teile später mittels eines Hopfenseiers wieder entfernt werden.
Die Luft
Die Lambikwürze wird nach dem Kochen in ein Kühlschiff gegossen, wo es nachts durch die Außenluft abkühlt. Während dieser Phase fängt der wichtigste Prozess an, die Gärung. Nein, ich habe im vorigen Teil, worin es um die Zutaten ging, die Hefe nicht vergessen. Lambik braut man nämlich nicht mittels Kulturhefen, wie bei fast allen Biersorten. Die Hefen, verbreitet durch die Luft im Zennetal, dringen in die Würze ein. Das erklärt zugleich warum Lambik so einzigartig ist: die Hefen sind vor allem in der Umgebung Brüssels heimisch. Nur in den sieben kalten Monaten des Jahres kommen sie in einer Konzentration vor, die Spontangärung ermöglicht. Der Name der Hefesorte? Brettanomyces Bruxellensis. Den nächsten Tag werden Holzfässer mit der Würze gefüllt, worin die Gärung stattfindet und das Bier reifen kann. Nach mindestens einem Jahr ist das Lambikbier fertig. Jetzt heißt es „junges Lambik“. Um Lambik zu trinken, wird es erst vom Fass in einen Krug aus Stein gegossen, dann in ein Glas.
Geuze und Kriek
Ein Brauer (vermutlich aus der Brüsseler ‘Rue des Gueuzes’) soll im frühen 19. Jahrhundert die Idee gehabt haben, Lambik in leere Champagnerflaschen abzufüllen, da er dann mehr verkaufen konnte. Nach ein paar Monaten klärt das normalerweise trübe Lambik auf, Kohlensäure entsteht und der Geschmack ändert sich: Eine zweite Gärung ist aufgetreten und man bekommt ein neues Getränk, Geuze. Jetzt wird zur Herstellung von Geuze junges mit altem Lambik in Flaschen abgefüllt, wonach die Mischung mindestens ein Jahr in der Flasche reift. Dies ist „Oude Geuze“. Ein anderes Lambikprodukt ist „Oude Kriek“, erworben durch die Zufügung von sauren Kirschen (auf Niederländisch „krieken“) an ein Fass jungen Lambiks, nachdem es auch in der Flasche nachgärt.
Höhepunkt, Popularitätsverlust und Wiederaufschwung
„Ein fast verloren gegangenes Stück Heimat“, es wäre eine gute Zusammenfassung der Geschichte vom ‘wahren’ Lambik und Geuze. Auf seinem Höhepunkt soll es in Belgien 400 Lambikbrauereien gegeben haben, heutzutage nur noch 10. Am Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts wurden in Brüssel die Boulevards angelegt und wurde die Zenne überwölbt, wofür viele Brauereien im Brüsseler Zentrum geschlossen wurden. Die übrigbleibenden Brauereien sahen jedoch ein goldnes Zeitalter. Der Bevölkerungsaufschwung in Brüssel versicherte den Verkauf von den Bieren. 1897 war Geuze sogar das meistverkaufte Bier in Belgien. Seit 1900 verschwand Lambik aus den Kneipen, da es für die Produktion von Geuze, dessen Nachfrage riesig war, benutzt wurde. Diese Erfolgsgeschichte dauerte aber nicht. Manche Brauereien gaben das Brauen auf wegen Rohstoffmangels und Beschlagnahme der Brauausrüstung in den beiden Weltkriegen. Etwas später wuchs eine konkurrierende Biersorte in Popularität, das Pilsener.
Durch diese Popularität, sowohl bei den Konsumenten als den Wirten, gerieten die Brauereien in finanziellen Schwierigkeiten; fast alle Brauereien in Brüssel wurden geschlossen. Die übrigen Brauereien im Zennetal und im Pajottenland haben ihre Brauaktivitäten durchsetzen können. Einige hatten auch aus der Landwirtschaft ihre Einkünfte, anderen wurden industrialisiert oder sind von industriellen Brauereien gekauft worden. Sowieso hatte die Geuzeproduktion seinen Tiefpunkt erreicht. Seit den 80er Jahren steigerte die Popularität von Spezialbieren. Oude Geuze wird seit 1997 durch die Europäische Union als „garantiert traditionelle Spezialität“ geschützt. Beliebt ist es auch wieder, durch die Konsumenten und auch durch die Kritiker. Das Oude Geuze von Brauerei Boon bekam dieses Jahr nämlich zum 4. Mal Gold in seiner Kategorie auf der renommierten, zweijährlichen „World Beer Cup“.
Aktivitäten
Die meisten Lambikbrauereien kann man an bestimmten Tagen individuell oder nach Vereinbarung im Gruppenverband besuchen (die Öffnungszeiten und Adressen kann man auf der Webseite von dem VoG HORAL finden). Sie öffnen auch gemeinsam die Türe während der zweijährigen Veranstaltung „Tour de Geuze“. Die nächste „Tour de Geuze“ findet am 3. Mai 2015 statt. Wer nicht so lang warten möchte, kann auch das Besucherzentrum „De Lambiek“ in Alsemberg besuchen. Man kann auch eine Umfahrt im Pajottenland machen, einer der schönsten Gegenden in Belgien, und wenn man müde ist, wird es bestimmt eine Kneipe geben, wo man mit einem Glas Lambik, Geuze oder Kriek seinen Durst löschen kann, wie Gott in Belgien.
Autor: Dieter Van Mechelen
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