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Der feine Unterschied macht’s

Der Belgier und sein deutscher Geschäftspartner

Der feine Unterschied macht’sDer Belgier, das unbekannte Wesen… Wer mit Belgiern Geschäfte macht, stellt immer wieder fest, dass sie so ganz, ganz anders reagieren als Deutsche. Um trotzdem sein (Business-)Ziel zu erreichen, braucht man einige Kenntnisse der belgischen Mentalität und Geschäftsgepflogenheiten. Hier geben wir Ihnen einige Anhaltspunkte, die sich auch im Umgang mit dem „Belgier im Allgemeinen“ als nützlich erweisen können. 

Die offene und aufgeschlossene Art der Belgier kann einen deutschen Unternehmer mit wenig Auslandserfahrung schon einmal irritieren. „Unseren deutschen Kunden fällt schon auf, dass die Gespräche mit belgischen Geschäftspartnern lockerer und unkomplizierter laufen als sie es von Verhandlungen in Deutschland gewohnt sind. Das fängt manchmal schon mit der Feststellung an, dass die Person gegenüber keine Krawatte getragen hat“, sagt Martin Müller von der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer (AHK debelux), der seit vier Jahren Geschäftsverhandlungen zwischen deutschen und belgischen Unternehmen organisiert und begleitet.

Von Martin Luther und interkultureller Kompetenz

Die Geschichte Belgiens und Deutschlands prägt die Menschen, die in diesen Ländern leben. Beispielhaft lässt sich der Einfluss des Reformators Martin Luthers nennen, die Zeit des Königtums Preußen, die zwei Weltkriege oder die Teilung Deutschlands. Diese Zeiten der „Ohnmacht“ führten zu erhöhter Vorsicht und zu einer klaren Trennung von Persönlichkeits- und Arbeitsbereich, schreibt die Trainerin für interkulturelle Kommunikation, Susanne Doser, in ihrem Buch „30 Minuten für interkulturelle Kompetenz“. Für belgische Geschäftsleute oder Unternehmensmitarbeiter mit beruflichen Kontakten zu Deutschen bietet sie mit jahrelanger Deutschlanderfahrung am 5. März in Brüssel das Seminar „Working with Germans“ an. Das halbtägige Seminar in der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer erklärt genau, was es zu beachten gilt, um bei deutschen Kunden oder Kollegen zum Ziel zu kommen.

Rechtsanwalt Didier Matray aus Lüttich betreut seit vielen Jahren Mandanten in Belgien und Deutschland. „Meine persönliche Erfahrung ist, dass Belgier gern geschäftliche Treffen mit einer kleinen Unterhaltung über Familie, Urlaub oder anderes Persönliches beginnen. In Deutschland kommt man nach ein oder zwei Sätzen zur inhaltlichen Problematik.“ Sachverhalte verbal, explizit, direkt, klar und eindeutig zu benennen ist ein deutscher Kulturstandard. Hierdurch sind Deutsche transparent und gut einschätzbar, können aber auch verletzend wirken.

Erwartungshaltungen

Dr. Markus Arnold, Geschäftsführer von Bayer Benelux und AHK debelux Präsident, hat diese Erfahrung im Rahmen seinen zahlreichen Auslandsaufenthalte ebenfalls gemacht. “Die Erwartungshaltung von Teammitgliedern an den jeweiligen Leiter sind in unterschiedlichen Kulturen teilweise diametral entgegengesetzt. In vielen asiatischen Ländern werden von einer Führungsperson nach wie vor klare Vorgaben und Zielsetzungen erwartet. In den Niederlanden hingegen wäre eine solche Führungshaltung wahrscheinlich wenig erfolgreich. Dort wird erwartet, dass man Themen ausführlich und losgelöst von Hierarchieebenen diskutiert. Eine Sensitivität für diese Unterschiede wird immer wichtiger, da wir mehr und mehr unabhängig von Standorten in multinationalen Teams arbeiten.“

Deutschland und Belgien sind nicht Asien und nicht Holland. Aber auch bei belgisch-deutschen Meetings muss man darauf vorbereitet sein, dass der Gesprächspartner anders reagiert, als man es vom heimatlichen Kontext gewohnt ist. Wer in Belgien gleich die Tagesordnung aus der Tasche zieht, kann seine Partner verprellen.

(Dieser Artikel ist die leicht gekürzte und bearbeite Fassung eines Beitrags im debelux magazine 05/11 (Oktober), eine Publikation der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer, AHK debelux.)

Von  Susann Zuber

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