Von Rainer Lütkehus.
Belgien arbeitet derzeit an seinem Corona-Aufbauplan, der bis Ende April bei der EU-Kommission zur Prüfung eingereicht werden soll. Das Land kann mit rund 6 Mrd. Euro nicht-rückzahlbarer Zuschüsse an EU-Geldern rechnen. 37 Prozent der Mittel sollen für Klimaschutz- und 20 Prozent für Digitalprojekte verwendet werden. „Die Gelder können im Juni fließen“, versprach EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis nach einem Treffen der 27 EU-Finanzminister Mitte Februar.
Belgien will mehr als die Hälfte der EU-Corona-Aufbauhilfen für den Klimaschutz verwenden. Einen vorläufigen Planentwurf mit 89 Projekten hat die belgische Regierung schon bei der EU-Kommission zur Überprüfung eingereicht, nachdem sich die Föderalregierungen und die vier Regionalregierung auf die regionale Verteilung der 6 Mrd. Euro einigen konnten. Demnach sollen sogar 59 Prozent der EU-Gelder in Infrastrukturprojekte fließen, die dem Klimaschutz dienen. Belgien will davon vor allem seine Wasserstoffwirtschaft voranbringen und die dafür nötige Transportinfrastruktur aufbauen. Der Wasserstoff soll „grün“ sein, d.h. mithilfe von Offshore-Wind produziert werden. Die vor Belgiens Küste gebauten Offshore-Windparks sollen unter anderem dafür miteinander durch Leitungen zu einer Energie-Insel („Energie-Hub“) verbunden werden.
Belgien soll auf seine Schuldentragfähigkeit achten
Die EU-Kommission wird auch darauf achten, dass die Gelder nicht dafür verwendet werden, strukturelle Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist für Belgien ein kritischer Punkt. Immerhin ist das Defizit im belgischen Staatshaushalt mit minus rund 10 Prozent nach Spanien das zweitgrößte im gesamten Euroraum. 2019 hatte es noch bei minus zwei Prozent gelegen.
Ursache für das hohe Defizit sind zum großen Teil die riesigen Summen (22,3 Mrd. Euro), die der belgische Staat bisher für Überlebenshilfen in der Corona-Krise aufgewendet hat: 6 Mrd. Euro für den Gesundheitssektor, 7,3 Mrd. Euro für Unternehmen und Selbstständige und 9 Mrd. Euro an Hilfen für Privathaushalte. Das alles über Kredite finanziert, denn die Steuereinnahmen brachen wegen des Rückgangs der wirtschaftlichen Aktivität ein. Das Bruttoinlandsprodukt ging laut Angaben der Nationalbank 2020 um 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück und die optimistischen Vorhersagen für 2021 liegen bei lediglich plus 3,9 Prozent.
Von den 673 Mrd. in der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität stehen den 27 EU-Mitgliedstaaten 360 Mrd. Euro als Darlehen und 313 Mrd. Euro als nicht-rückzahlbarer Zuschuss zu Verfügung. Nach dem zugrundeliegenden Verteilungsschlüssel wird Belgien einen Betrag von rund 6 Mrd. Euro als Zuschuss erwarten, Deutschland beispielsweise 26 Mrd. Euro, Österreich etwa 3,5 Mrd. Euro. 70 Prozent der Zuschüsse sollen nach Maßgabe der Erreichung der vereinbarten Etappenziele und Zielwerte bis zum Ende 2022 und die restlichen 30 Prozent bis Ende 2023 ausgezahlt werden.
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