Aktuell, Belgien

Äpfel und – vor allem – Birnen

Gute Ernten heben die Laune bei Belgiens Obsterzeugern

Von Michael Stabenow

Wer auf der Autobahn von Brüssel nach Lüttich fährt, wird es vielleicht bemerkt haben. Belgiens Obstbauern, überwiegend in der fruchtbaren Region Haspengau beheimatet, brauchen in diesem Jahr über ihre Ernteerträge nicht zu klagen. Anders als im verregneten Sommer 2023 hängen die Bäume derzeit voll mit Äpfeln und – vor allem – Birnen. Anders als bei der Apfelproduktion dürften die belgischen Obstanbauer in diesem Jahr sogar europäischer Markführer bei der Birnenerzeugung werden.

Wie der Fachdienst „Landbouwleven“ jetzt berichtet hat, rechnen die Erzeugerorganisationen, der Bauernverband sowie der Dachverband der belgische Gartenbaugenossenschaften (VBT) bei Äpfeln gegenüber dem Vorjahr mit einem um 20 Prozent gesteigerten Ernteertrag, bei Birnen sogar mit einem Zuwachs um knapp ein Drittel. So wird bei Birnen mit einem Ertrag von 355.000 Tonnen und bei Äpfeln von 183.000 Tonnen gerechnet.

Auffallend ist dabei, wie uns „Landbouwleven“ weiter verrät, dass Birnen sich offenbar bei den Erzeugern wachsender Beliebtheit erfreuen, während Apfelproduktion und -absatz offenbar unter wachsender internationaler Konkurrenz leiden. So ist die Anbaufläche bei Äpfeln in Belgien seit 2020 um gut ein Fünftel auf 4.445 Hektar geschrumpft, während Birnen inzwischen auf einem auch im vergangenen Jahr um knapp 100 Hektar auf fast 11.000 Hektar angewachsenem Gesamtareal gezüchtet werden.

Die guten kurzfristigen Aussichten für die belgischen Äpfel- und Birnenerzeuger können aber nicht über die angespannten internationale Lage hinwegtäuschen. Wie der deutsche Fachdienst „Fruchtportal“ berichtet, zeigen die Anfang August vom internationalen Dachverband World Apple Pear Association (WAPA) auf der jährlichen „Prognosfruit“-Branchenkonferenz im französischen Angers vorgelegten Prognosen ein gemischtes Bild.

Demnach wird für die führenden EU-Anbauländer bei Äpfeln mit einer gegenüber dem Vorjahr weitgehend unveränderten Ernte von 10,5 Millionen Tonnen und bei Birnen mit einem Zuwachs um 1,4 Prozent auf knapp 1,8 Millionen Tonnen gerechnet. Nimmt man den Durchschnitt der vergangenen Jahre zum Maßstab, dann wird die Ernte bei Birnen um 2,5 Prozent und bei Äpfeln sogar um 7,5 Prozent niedriger ausfallen. Den belgischen Obstexporteuren dürfte dabei in die Karten spielen, dass die Ernten nicht nur im zuletzt führenden Erzeugerland Italien, sondern auch in ostmitteleuropäischen Ländern wie Polen hinter den Erwartungen zurückbleiben dürften.

In den Anbaugebieten, nicht zuletzt in den auf die Äpfel- und Birnenproduktion spezialisierten Provinz Limburg, weiß man um die Besonderheit der aktuellen Situation. Dennoch stellte Kris Jans, leitender Mitarbeiter von Belorta, der größten belgischen genossenschaftlichen Organisation der Obst- und Gemüsehersteller, in der Zeitung „Het Belang van Limburg“ jetzt nicht ohne Stolz fest: „Belgien ist zu einem echten Birnenland geworden.

Rund 90 Prozent der belgischen Birnenernte, so Jans, entfielen auf die Sorte Conference. Allerdings setze die Branche vermehrt auch auf andere Sorten wie zum Beispiel Fred, eine etwas saurere Variante, die von kommendem November an vermarktet werde. Begünstigt worden sei die gute Erzeugung durch die günstigen Wetterbedingungen der vergangenen Monate mit einer Mischung aus Wolken und Regen sowie Tageshöchsttemperaturen von 20 bis 25 Grad. Belgien warte zudem nicht nur mit einem gemäßigten Klima, sondern auch mit günstigen Bodenbedingungen und mit Fachkenntnissen bei der Obstzüchtung als „einmaligen Trümpfen“ auf, erläuterte Jans.

Als Schwachpunkt stellte der Belorta-Manager die sinkende Nachfrage nach Birnen heraus. Die Früchte stünden in dem Ruf, „altmodisch“ zu sein. Dabei schmeckten sie süß und seien reich an Fasern sowie verschiedenen Vitaminen und Mineralstoffen. „Darum verdienen sie auf jeder Obstschale ein Plätzchen. Wir können wirklich etwas stolzer auf unsere Position als Birnenland sein“, sagte Jans „Het Belang van Limburg“.

 

 

 

 

 

 

One Comment

  1. Wolfgang Gaede

    Glückwunsch ! Michael Stäbenow ist ein großartiger Autor: offensichtlich sehr gute. Recherchen, sehr konkret und lebensnah, sehr unterhaltsam und sprachlich perfekt,

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