Von Rainer Lütkehus.
Die belgische Energieministerin sieht Belgiens Gasversorgungssicherheit nicht bedroht, selbst wenn Russland die Gaslieferungen stoppt.
„Wenn die Einfuhr von Erdgas aus Russland vollständig eingestellt würde, wäre unsere Gasinfrastruktur für die Einfuhr und den Transport von Erdgas ausreichend , um unseren eigenen Bedarf zu decken und gleichzeitig unseren Nachbarländern zu helfen“, versicherte die belgische Energieministerin Tinne Van der Straeten im belgischen Parlament.
Auch die Stromversorgung sei nicht gefährdet, weil derzeit nur 27 Prozent des belgischen Gasbedarfs verstromt werde. „Die Stromversorgung in unserem Land ist durch eine Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland nicht direkt betroffen.“
Nach Angaben der EU-Kommission kommen 42 Prozent der Erdgasimporte in die EU aus Russland, und die Gasspeicher sind zur Zeit nur zu 30 Prozent gefüllt. Der Anteil Belgiens an den russischen Gaslieferungen beträgt nur 4 Prozent. Deutschland hängt dagegen bei seinen Erdgasimporten zu etwa 55 Prozent von Russland ab.
Belgien bezieht sein Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Großbritannien sowie per Schiff als verflüssigtes Erdgas (LNG) über sein Terminal in Zeebrügge. Nach den Daten der EU-Kommission (GD Taxud) importierte Belgien im Jahr 2020 8,8 Mio. Tonnen Erdgas aus Norwegen, 8,5 Mio. Tonnen aus den Niederlanden und 2,5 Mio. Tonnen aus Großbritannien. Über das LNG-Terminal in Zeebrügge kamen 2020 insgesamt 3,8 Mio. Tonnen verflüssigtes Erdgas nach Belgien, davon das meiste aus Katar (1,7 Mio. Tonnen), aber auch aus Russland (1,4 Mio. Tonnen).
EU will von Erdgasimporten aus Russland unabhängiger werden
Die EU will vor allem durch mehr Importe von verflüssigten Erdgas die Abhängigkeit von Russland verringern.. Die EU-Kommission ist schon seit einigen Monaten auf “Einkaufsreise” in Aserbaidschan, Ägypten, Katar, Nigeria, Norwegen und den USA, nach eigenen Angaben mit Erfolg. Im Januar 2022 hätten rund 120 Tanker 10 Mrd. Kubikmeter LNG nach Europa gebracht.
18 der 27 EU-Länder haben mindestens ein LNG-Terminal. Die meisten Terminals gibt es in Spanien (7), gefolgt von Frankreich (4) und Italien (2). 15 EU-Länder, darunter Belgien, verfügen über ein Terminal; in Deutschland wird über einen Bau seit Jahren diskutiert.
Belgien könnte Deutschland mit seinen Flüssiggasimporten helfen
Eine EU-Verordnung aus dem Jahre 2017 sieht vor, dass sich die Mitgliedstaaten in einer Gasversorgungs-Notlage gegenseitig helfen, wenn es die Gasinfrastruktur erlaubt. Sollte Russland seine Lieferungen an Deutschland einstellen, wäre Belgien wäre möglicherweise verpflichtet, seinem Nachbarland zu helfen, mit dem es gut mit Pipelines verbunden ist. Dieses Gas könnte dann für die Gaskraftwerke fehlen, mit denen die Stromversorgung bei einem Atomausstieg 2025 gewährleistet werden soll.
Die Ausnahmesituation wegen des Kriegs in der Ukraine wird auch die Entscheidung der Regierung über den Atomausstieg beeinflussen, die am 18 . März fallen soll. Insbesondere wird es darauf ankommen, wie die Regierung jetzt die Versorgungssicherheit einschätzt, die ein wesentliches Kriterium sein soll.
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