Von Rainer Lütkehus.
Belgien will eine internationale Drehscheibe für den Import und den Transit von erneuerbarem Wasserstoff werden. Es ist bereits mit seinem LNG-Terminal in Zeebrügge ein wichtiger Hub für Erdgas. Der Wasserstoff (H2) soll ab 2026 aus Oman, einem Staat im Osten der Arabischen Halbinsel, nach Zeebrügge, aber auch nach Antwerpen kommen. Das Sultanat ist dabei, ein globaler H2-Exporteur zu werden.
Zu dem Sultanat Oman hat das belgische Königshaus gute Beziehungen. König Phillipe und Königin Mathilde waren dort Anfang Februar in der Hafenstadt Duqm, um sich dort ein belgisches Zukunftsprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in industriellen Maßstab präsentieren zu lassen. Dort sind die wetterlichen und logistischen Bedingungen ideal: Viel Sonne und Wind für die Generierung von grünem Strom, der mithilfe von Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt wird und vom omanischen Hafen Duqm per Schiff nach Belgien transportiert werden soll.
Auch deutsches Unternehmen macht mit
Das Projekt mit dem Namen „HYPORT“ (HY für Hydrogen = Wasserstoff) will ein belgisch-deutsches-omanisches Unternehmenskonsortium realisieren. Initiator sind die auf erneuerbare Energien ausgerichtete Gesellschaft OQ aus Oman und die belgische, weltweit tätige Unternehmensgruppe Deme, die im Bereich Offshore-, Wasser- und Küstenbau sowie in anderen Bereichen der Meerestechnik tätig ist. Seit Juli 2021 nimmt auch der deutsche Gas- und Stromversorger Uniper (vormals zu E.ON gehörig) am Projekt teil.
Anlagen für die gesamte H2-Wertschöpfungskette
Auf einer 150 km² großen Fläche in der Sonderwirtschaftszone Duqm sollen Anlagen für eine vollständigen Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff gebaut werden: Solar- und Windkaftanlagen und die für Umwandlung von grünem Strom in Wasserstoff notwendigen Elektrolyseure sowie eine Pipeline zu einem Exportterminal und zur Speicherinfrastruktur im Hafen von Duqm. In einer ersten Phase wird eine Produktionskapazität von 250 bis 500 Megawatt für 2026 angestrebt, die später auf 1500 Megawatt ausgebaut werden soll.
Pläne in Belgien für Weiterverteilung
Um das ab 2026 in Belgien ankommende H2 weiter zu transportieren, gibt es bereits Pläne für die Fertigstellung einer 100 bis 160 km langen Rückgrat-Pipeline, über die der Wasserstoff künftig gehandelt werden soll, auch grenzüberschreitend. Der Erdgas-Fernleitungsnetzbetreiber Fluxys schätzt die Kosten dafür auf über 1 Mrd. Euro. Für das Projekt wird eine Förderung als Energieinfrastrukturvorhaben von gesamteuropäischem Interesse (PCI) angestrebt.
Belgien strebt Führerschaft in der EU für Wasserstoff an
Die belgische Regierung plant, dass bis 2030 mindestens 3 Terawattstunden (TWh) und bis 2050 mindestens 100 TWh grüner Wasserstoff importiert werden sollen. Zum Vergleich: Laut Angaben der EU-Statistikbehörde importierte Belgien 2019 180 TWh (15,5 Mtoe) an Erdgas. „Belgien hat den Ehrgeiz, zu einem Marktführer in Sachen Wasserstofftechnologie zu werden”, so die grüne Energieministerin Tinne Van der Straeten bei der Vorstellung der H2-Strategie. Belgiens Abhängigkeit von Primärenergieimporten sei sehr hoch und werde es auch bleiben, mit Wasserstoff werde es aber geopolitisch einfacher, so Van der Straeten. Die Nettoeinfuhr von Energie ist rund fünfmal so hoch wie die inländische Primärproduktion.
Bevor der in Zeebrugge angelandete Wasserstoff in andere Länder weitergeleitet wird, kann Belgien als energiehungriges Land mit seiner Schwerindustrie die grünen Moleküle erst einmal selbst gut brauchen. Diese Industrie ist derzeit für rund 30 Prozent des CO2-Ausstoßes Belgiens verantwortlich, allein das Stahlwerk von ArcelorMittal im Genter Hafen für acht Prozent.
Foto: Hafen von Duqm © Inside Arabia
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