Von Reinhard Boest.
Ein Impf-Zertifikat soll die Freizügigkeit innerhalb der EU während der COVID-19-Pandemie erleichtern. Um Diskriminierungen bei der Reisefreiheit zu vermeiden, sollen neben einem Impfnachweis auch die Bescheinigung einer Genesung von einer COVID-19-Infektion (die für eine Zeitlang Immunität verleiht) oder ein negativer PCR-Test zulässig sein. Ziel ist eine Einführung bis Ende Juni, das heißt gerade vor dem Beginn der Sommerferien.
Die EU-Zertifikate dienen ausschließlich der Wiederherstellung der Freizügigkeit in der EU (und darüber hinaus mit den Schengen-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz). Das Zertifikat ist als vorübergehende Maßnahme geplant, bis die Weltgesundheitsorganisation das Ende der internationalen COVID-19-Gesundheitsnotlage erklärt. Daher wird die Laufzeit der Verordnung auf 12 Monate begrenzt.
Relativ unstrittig ist die technische Methode: Die Zertifikate soll es in digitaler Form oder in Papierform geben, und sie enthalten einen QR-Code, der die Schlüsselinformationen sowie eine digitale Signatur enthält, um die Echtheit des Zertifikats zu gewährleisten. Schlüsselinformationen sind die Identität des Inhabers bzw. der Inhaberin und der Schutzstatus (Impfung, Genesung, Test). Damit Zertifikate grenzüberschreitend geprüft werden können, richtet die Kommission ein Zugangsportal ein, über das die Anfragen geleitet werden können. Aus Datenschutzgründen sollen keine personenbezogenen Daten von Zertifikatsinhabenden über das Zugangsportal laufen, und diese sollen vom prüfenden Mitgliedstaat nicht gespeichert werden dürfen. Die Mitgliedstaaten sollen die Zertifikate unentgeltlich und in der Landessprache sowie auf Englisch ausstellen. Ungeklärt ist derzeit noch, ob Inhaber des Zertifikats auf jeden Fall ohne weitere Bedingungen in andere EU-Staaten einreisen dürfen oder ob zusätzlich ein negativer Test oder eine Quarantäne verlangt werden. Offen ist auch noch, ob PCR-Tests als Voraussetzung für Reisen generell unentgeltlich sein sollen; um (Noch-) Nicht-Geimpfte nicht zu benachteiligt, da die Impfung selbst unentgeltlich sein soll.
Einige Mitgliedstaaten haben national bereits digitale Formate installiert, an die sie z.T. auch andere “Privilegien” knüpfen (wie Ausnahmen von Ausgangssperren, Zugang zu Veranstaltungen o.ä). Es ist vorgesehen, dass diese in das EU-Zertifikat integriert werden oder zumindest kompatibel sind. Eine Testphase mit 17 EU-Mitgliedstaaten, darunter die Benelux-Staaten, Italien, Deutschland und Frankreich hat schon begonnen. Auf eine Einigung hofft man auf europäischer Ebene derzeit bis zum 7. Juni.
Es muss beispielsweise geklärt werden, wie die Impfinformationen hinterlegt werden. Gerade in der Expat-Community in Belgien häufen sich die Fragen, wie eine erfolgte Impfung belegt und nachgewiesen werden kann. Denn zu Eintragungen in den gelben Impfpass sieht man sich in den Impfzentren derzeit nicht befugt, dazu könne man, so die Aussagen, ja den Hausarzt oder die Hausärztin fragen. Immerhin wird die Impfung auch auf der Plattform “Ma Santé” (masante.be) gespeichert und sollte dort abrufbar sein.
Die bestehende App “Coronalert” wird jedenfalls für diese Zwecke nicht genutzt werden können, da sie die nur mit anonymisierten Daten arbeitet. Nach der Sitzung des Konzertierungsausschusses am 11. Mai 2021 (Artikel von Michael Stabenow) zeichnet sich ab, dass das EU-Zertifikat auch als belgischer “Corona-Pass” genutzt werden könnte, mit dem man etwa im Sommer bestimmte Großveranstaltungen besuchen kann. Die Frage ist allerdings nicht auf diese Einzelfälle beschränkt und daher zwischen den politischen Akteuren auf föderaler und regionaler Ebene noch sehr umstritten.
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