Von Egon C. Heinrich.
Ältere Menschen sterben eher am Coronavirus als jüngere. Die Statistik der COVID-19-Todesfälle, u.a. vom deutschen Robert-Koch-Institut, scheint dies zu bestätigen.
Nun liegen erste wissenschaftliche Studien von „Population Europe“ zur Rolle demographischer Faktoren vor. Das Netzwerk der führenden europäischen Forschungseinrichtungen für den Bereich der Demographie hat erste Studien verschiedener Forscher zur COVID-19-Pandemie ausgewertet und zusammengefasst. Es geht dabei vor allem um die Frage, inwieweit die Altersstruktur der einzelnen Länder die Mortalität in Europa beeinflusst hat und wie die Pandemie die Bevölkerungsentwicklung künftig betreffen könnte. Als Konsequenz aus der COVID-19-Pandemie fordern die die Bevölkerungswissenschaftler ein permanentes Monitoringsystem.
Alterspyramide beeinflusst die Sterblichkeitsrate
Die Forscher verglichen beispielsweise Italien und Südkorea. Italien hat mehr als 60 Millionen Einwohner, Südkorea 51,5 Millionen. Die Italiener sind jedoch im Durchschnitt viel älter als die Südkoreaner. Die Bevölkerungsforscher gehen von einer Infektionsrate von 10 % für beide Länder aus und schlussfolgern, dass die Altersstruktur wesentlich die Todesfallzahlen bestimmt hat. So sind in Italien von Januar bis August 2020 etwa 14 % der rund 260 000 Infizierten verstorben. In Südkorea hingegen liegt die Quote lediglich bei 1,75 %. Nun dürften diese Unterschiede bei weitem nicht nur auf die unterschiedliche Demographie der beiden Länder zurückzuführen sein. Dies zeigt sich schon daran, dass Deutschland eine ähnliche demograhische Struktur wie Italien hat. In Deutschland sind aber nur knapp 4 % der rund 235 000 Infizierten verstorben.
Mediziner sehen in dem altersbedingt geschwächten Immunsystem älterer Menschen die Hauptursache für das hohe Risiko, an COVID-19 zu sterben; hinzu kommen bei den Senioren oft gravierende Vorerkrankungen. Für Europa kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die Altersstruktur das Risiko, vom Coronavirus infiziert zu werden und daran zu sterben, um das Vierfache erhöhen könnte. Besonders gefährdet seien dabei ältere Menschen in regionalen Randgebieten mit unzureichendem Gesundheitsschutz.
Belgien jetzt im Mittelfeld
In fast allen europäischen Ländern wurde in der 17. Woche, also im April/Mai 2020, eine überdurchschnittlich hohe Sterblichkeitsrate festgestellt. Die Altersgruppe der über 65-Jährigen war davon besonders betroffen. Bei ihnen lag die Mortalität zwei- bis dreimal höher als in den Jahren 2018 und 2019. Besonders ausgeprägt war diese Entwicklung in Belgien, das längere Zeit die relativ höchste Sterblichkeitsrate in Europa hatte. Inzwischen liegt Belgien im „Mittelfeld“. Immerhin verstarben hier 12,2 % aller Infizierten. Wie in einigen anderen Ländern, waren die Verantwortlichen in Belgien zu Beginn der Pandemie ziemlich überfordert. Besonders viele Todesfälle durch das Coronavirus gab es in den Altersresidenzen und Pflegeheimen.
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