Von Anne Kotzan.
Vor 25 Jahren hat man sich Johann Wolfgang v. Goethe zu Herzen genommen: “Was immer du tun kannst oder träumst, es tun zu können, fang damit an!”
Anfang Oktober feierte das “Europanetzwerk Deutsch” des Goethe-Instituts Belgien sein 25-jähriges Bestehen. Den Abend eröffnete der Gastgeber Bodo Lehmann, Leiter der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der EU im Beisein von EU-Kommissar Günther H. Oettinger, Martin Kotthaus, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland im Königreich Belgien, Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, Rolf Einar Fife, Botschafter von Norwegen, und Christoph Roth, Leiter der Vertretung des Saarlandes bei der EU.
Ein besonderer Dank für ihren unermüdlichen wie kompetenten Einsatz seit der Gründung ging an Frau Margit-C. Pfaender und ihr Team. Vor 25 Jahren hat man sich Johann Wolfgang v. Goethe zu Herzen genommen: “Was immer du tun kannst oder träumst, es tun zu können, fang damit an!” Nun kann man mit einigem Stolz auf über 3000 Stipendiaten mit EU-Bezug zurückblicken. Eine von ihnen, die Slowenin Mary Veronica Tovsak Pleterski, Direktorin GD Wirtschaft und Finanzen, EU-Kommission sagte im Rahmen der Podiumsdiskussion über Sprache und ihre Funktion in der EU: “Es ist wichtig, dass man die fremde Sprache spricht, sie öffnet ein Fenster zum anderen Menschen”.
In einer Zeit der digitalen Medien und “Google Translate” rücken die Bedeutung persönlicher Kontakte sowie der Sprachkompetenz für viele Menschen leider auf ein Abstellgleis. “Alle sprechen Englisch und reden aneinander vorbei”, befand Martin Kotthaus und humorvoll bemerkte er, dass oft Dolmetscher als Einzige wirklich verstehen und so sicherlich manchen scharfen Kommentar unbemerkt abmildern. Damit nehmen sie einen gewissen politischen Einfluss, wenn auch noch so klein.
Deutsch ist in sechs Staaten der EU Amtssprache und damit die am meisten gesprochene Muttersprache. Deshalb hat es sich das Europanetzwerk Deutsch zur Aufgabe gemacht, die deutsche Sprache als Arbeits- und Verfahrenssprache in den Europäischen Institutionen zu fördern und setzt sich zugleich für eine europäische Verständigung im mehrsprachigen Europa ein. Sprache ist ja nicht nur ein Bedeutungsträger, sondern sie vermittelt auch die Mentalität und Kultur ihrer Sprecher. Worte wie “Heimat” oder “gemütlich” lassen sich nicht in andere Sprachen übersetzen, aber sie lassen sich erleben. Und jeder, der schon einmal versucht hat einen Witz zu übersetzen, weiß, wie schnell man an seine sprachlichen Grenzen stößt. Wenn man ein Land wirklich kennen will, dann muss man seine Sprache lernen. Diese Erfahrung konnte Claudemir Jerônimo Fernandes Barretto – Fußballername Cacau – auf dem Podium nur bestätigen, und er gab spontan einen Witz zum Besten: “Im Himmel wird Deutsch gesprochen. Warum? – Weil man eine Ewigkeit braucht, es zu lernen.” Er hätte Goethe sicherlich gefallen. Denn auch der wusste: “Ich liebe mir den heitern Mann am meisten unter meinen Gästen! Wer sich nicht selbst zum besten haben kann, der ist gewiss nicht von den Besten.”
www.goethe.de/bruessel/europanetzwerk-deutsch
belgieninfo im Gespräch
belgieninfo.net freut sich, dass sich Rolf Einar Fife, Johannes Ebert und Christoph Roth Zeit für einen kurzen Gedankenaustausch genommen haben.
Rolf Einar Fife, Botschafter von Norwegen
BI: Sie sind seit Januar 2019 als Botschafter in Brüssel. Sie sprechen fließend Englisch, Französisch, Italienisch und natürlich Norwegisch, und haben Kenntnisse in Spanisch, Arabisch und auch Deutsch. Damit würde ich Sie als multilingual bezeichnen. Was bedeutet “Sprache” für Sie?
REF: In unseren Zeiten muss man Brücken identifizieren und Brücken bauen. Über die Sprache erschließt sich das Verständnis für eine andere Kultur. Das Internet ist kein Ersatz. Wir brauchen mehr Tiefe, Inhalt und Interaktion zwischen Menschen und dazu brauchen wir auch andere Sprachen.
BI: Wie ist Ihr Kontakt zum Europanetzwerk Deutsch?
REF: (mit einem Lächeln) Ich habe in der Woche eine Stunde mit Frau Pfaender, sie ist ein inspirierender Schlüssel zur deutschen Sprache und die deutsche Sprache ist ein Schlüssel zur Kultur für Debatten und auch für neue Ideen. Das Europanetzwerk Deutsch ist für mich perfekt, auch wenn ich leider nicht viel Zeit habe. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit an diesem Netzwerk teilzunehmen.
BI: Welche Bedeutung hat die deutsche Sprache in ihrem Alltag?
REF: Ich höre täglich die Presseschau auf Deutsch. Hier finde ich prägnante Zusammenfassungen der aktuellen Politik.
BI: Sehr geehrter Herr Fife, herzlichen Dank für das Gespräch.
Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts
BI: Als Generalsekretär des Goethe-Instituts möchte ich Sie fragen, wieso es in Brüssel, zusätzlich zum bestehenden und umfangreichen Sprachangebot des Instituts, zur Gründung von Europanetzwerk Deutsch gekommen ist?
JE: In Deutschland stellte sich Anfang der 1990er Jahre die Frage zur Diskussion, welche Stellung die deutsche Sprache eigentlich in der EU hat. Genauer, dass Deutsch als eine der offiziellen Sprachen auch gesprochen und benutzt wird. So wurde 1994 des Europanetzwerk Deutsch vom Goethe-Institut ins Leben gerufen, unterstützt vom Auswärtigen Amt.
BI: Was ist das Besondere?
JE: Es gibt ein breites Angebot, das speziell auf die Anforderungen und Bedürfnisse von Bediensteten von EU-Institutionen zugeschnitten ist. Die exklusiven Sprachkurse beinhalten auch Einladungen nach Deutschland. Durch diese Besuche entsteht über die Sprache ein erlebter Zugang zu den Menschen und deren Kultur, was besonders in der EU-Politik eine wichtige Rolle spielt.
BI: Sehr geehrter Herr Ebert, herzlichen Dank für das Gespräch.
Christoph Roth, Leiter der Vertretung des Saarlandes bei der EU
BI: Die Landesvertretung des Saarlandes bei der EU wurde 1985 als erstes Büro dieser Art gegründet, ein historischer Moment.
CR: Ja, das war es, und die Tatsache einer eigenständigen Interessenvertretung durch die Bundesländer war für viele anfänglich auch wirklich nicht selbstverständlich.
BI: Was bedeutet Europanetzwerk Deutsch für Sie?
CR: Wir arbeiten gerne mit ihm zusammen. Immerhin spricht 1/5 der EU-Mitgliedsstaaten Deutsch. Das hat nichts mit Deutschtümelei zu tun. Sprache ist lebendig, und so öffnet sie auch die Türen zur Kultur und den Menschen eines Landes. Es ist wichtig, allen Sprachen ihre Berechtigung einzuräumen. Europanetzwerk Deutsch ist mit seinen verschiedenen Themen und als Ort zum Kennenlernen auch für Deutsche interessant.
BI: Sie sind nun erst eineinhalb Jahre in Brüssel, aber könnten Sie einen Ort nennen, den man gesehen haben sollte?
CR: Aber ja, das Antoine-Wiertz-Museum, ein Schmuckstück mitten im EU-Viertel, gleich hinter dem Parlament.
BI: Sehr geehrter Herr Roth, herzlichen Dank für das Gespräch.
Fotos: © Eric Berghen und Herman van den Boom
Beiträge und Meinungen