In der ersten Februarwoche 2015 haben sowohl der belgische als auch der deutsche Fußball jeweils ein Idol verloren. Doch während bei dem Namen Udo Lattek auch in Belgien Erinnerungen wachgerufen werden, bleibt der Name Rik Coppens in Deutschland unbekannt. Ob Kicker, Sport-Bild oder Der Spiegel: Sein Tod findet in deutschen Medien keinerlei Erwähnung.
Der beliebte und stets nur „Rik“ genannte Henri Coppens erlag am 5. Februar im Alter von 84 Jahren einer bereits seit längerem andauernden Krankheit. Die belgischen Medien überschlugen sich mit der Aufzählung seiner großen Erfolge und Verdienste um den Sport. So wurde er 1952, 1953 und 1955 Torschützenkönig der ersten Fußball-Division und gewann 1954 den erstmals verliehenen „Goldenen Schuh“ für den herausragendsten Erstligaspieler. 47 Mal spielte Coppens zwischen 1949 und 1959 in der belgischen Fußballnationalmannschaft und erzielte dabei 21 Tore. Was ihm in Belgien dabei besonderen Ruhm einbrachte war die Tatsache, dass er zehn davon allein in sechs Spielen gegen die Niederlande erzielt hatte.
Rik Coppens ist der Erfinder des „Zwei-Mann-Elfmeters“: schon 1957 lief er im Länderspiel gegen Island zum Elfmeter an, schoss aber ihn aber nicht sondern passte zu einem Mannschaftskollegen, von dem er ihn wieder direkt zurückbekam, um dann das Tor zu verwandeln. Da der Antwerpener außer zur Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz (im Gegensatz zu Deutschland schied Belgien trotz eines 4:4 gegen England mit einem Tor von Coppens bereits in der Vorrunde aus) nie die Bühnen der großen weiten Welt betrat, nahm man in Deutschland offenbar nie Notiz von diesem außergewöhnlich torgefährlichen Dribbelkünstler.
“Ein deutsches Fußballmonument”
Der vier Tage zuvor, am 1. Februar 2015, im Alter von 80 Jahren verstorbene Udo Lattek hingegen ist auch in Belgien alles andere als ein Unbekannter. „Deutscher Erfolgstrainer“ nennt ihn „Het Laatste Nieuws“ in einem Nachruf, als „erfolgreichsten deutschen Trainer überhaupt“ bezeichnet ihn „Het Nieuwsblad“, das Online-Magazin „VoetbalNieuws.be“ sieht in Lattek gar ein „deutsches Fußballmonument“. Für das flämische Fernsehen VRT bleibt er vor allem als „Trainer des FC Bayern mit Pfaff“, ebenso wie bei „Le Soir“ als „Trainer des großen Bayern München der Siebziger Jahre“ in Erinnerung. Belgiens Nationaltorwart Jean-Marie Pfaff stand von 1982 bis 1988 in 156 Spielen für die Bayern zwischen den Pfosten. 1970 bis 1975 sowie noch einmal von 1983 bis 1987 führte Lattek die Bayern jeweils dreimal hintereinander, also insgesamt sechsmal, zur deutschen Meisterschaft.
Mit den beiden Titeln von Borussia Mönchengladbach 1976 und 1977 wurde er als achtmaliger Meister tatsächlich der erfolgreichste deutsche Vereinsfußballtrainer aller Zeiten. Zudem gewann er sämtliche drei Wettbewerbe im Europapokal: als Landesmeister, im UEFA-Pokal sowie den Europapokal der Pokalsieger. Nur am Argentinier Diego Maradona biss er sich als Trainer des mit zahlreichen weiteren Stars gespickten FC Barcelona von 1981 bis 1983 die Zähne aus. Nach einem eskalierten Streit wurde Lattek von Maradona beim Vereinspräsidenten denunziert und von jenem dann entlassen.
Der in Ostpreußen geborene Udo Lattek litt bereits seit längerem an einer Parkinson-Erkrankung sowie an Altersdemenz und lebte seit 2010 in einem Pflegeheim.
Thomas Philipp Reiter
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