Von Margaretha Mazura.
Mehr zu Hause sein heißt nicht nur, mehr lesen, mehr putzen, überlegter, weil auf Vorrat kochen. Es kann auch lustig sein, endlich wieder einmal Spiele zu spielen, vor allem, wenn man Kinder hat, die gelangweilt herumsitzen, wenn sie nicht auf den Computer starren oder ins Handy tippen. Die Spiele, die ich meine, verwende ich üblicherweise, um die oft sub-optimale Unterhaltung bei familiären Weihnachts- oder Geburtstagsfeiern zu lockern – und die auch Erwachsenen Spaß machen.
Die Prüfung des Erzherzogs
Angeblich wurde das Spiel in einer Stadt, wo Erzherzöge regierten, erfunden. Man weiß, dass in vergangenen Zeiten nicht alle Abkömmlinge alter Adelsgeschlechter intellektuell ebenso adelig waren wie ihr Name. Daher versuchte man, diese Erzherzöge bei Prüfungen nicht zu desavouieren und stellte dementsprechend leichte Fragen, klassisches Beispiel: Wie lange dauerte der 30-jährige Krieg? Nun kam es aber selbst bei solchen Fragen manchmal zu einem Eklat, sodass der Prüfling eine falsche Antwort gab. Und nun fand sich der Prüfer in einer misslichen Lage: er durfte nicht sagen, dass sich der Erzherzog irrte, also musste er eine mehr oder weniger plausible Erklärung für die Antwort finden. Ein kleines Beispiel: Eine Person fragt: Welche Farbe hat eine rote Rose? Der oder die Gefragte muss darauf eine möglichst falsche Antwort geben, also, z.B. “blau”. Und der “Prüfer” muss nun eine Erklärung dafür abgeben – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wie z.B.: “Die Antwort ist nicht ganz korrekt, aber tatsächlich ist die Rose, bevor sie erblüht grün, die Blätter und die Knospen. In früherer Zeit und in anderen Kulturen wurde oft zwischen den Farben Grün und Blau nicht unterschieden. Daher ist die Antwort richtig”.
Scharade – Darstellung ohne Worte:
Einen Begriff ohne Worte darzustellen, ist ein Spiel, bei dem Kinder weit überlegen sind, da sie keine vorgefassten Anschauungen der Begriffe haben. Ihre schauspielerischen Leistungen sind beachtlich. Man zieht einen Begriff aus vorgeschriebenen kleinen Zettelchen, bzw. man sucht sich einen aus der Zeitung oder aus dem Internet aus. Der jeweils andere muss den Begriff innerhalb von drei Minuten erraten. Je abstrakter, desto schwieriger ist die Darstellung und auch das Erraten. Ich erinnere mich an eine legendäre Begriffsdarstellung eines Universitätsprofessors in Wien, der auf einem 2-tägigen Seminar, wo das Spiel als “Post-Kolloquium” gespielt wurde, eine Studentin aus der Gruppe holte, die einen roten Pullover anhatte. Dann schien er etwas zu löffeln, das die Dame hielt. Das Ergebnis – nicht zu erraten – war: “Erasmus von Rotterdam” (Er aß Mus von roter Dam’). Das war sozusagen der Gipfel der Intellektualität des Spiels.
Der “exquisite Kadaver”:
Dieses – literarische oder bildnerische – Spiel wurde um 1925 von den Surrealisten erfunden und gespielt, allen voran Jacques Prévert, Yves Tanguy und André Breton. Die Spielregel ist einfach: auf einem leeren Blatt Papier schreibt der erste ein Eigenschaftswort, dann ein Subjekt, dann folgt das Zeitwort, dann ein Eigenschaftswort und das Objekt und, wenn man will, noch eine Zeit- oder Ortsbestimmung. (Die Reihenfolge ändert sich je nach Sprache). Nachdem man geschrieben hat, wird der beschriebene Teil weggefaltet, sodass der Nachfolgende nicht weiß, was darauf steht. Daraus ergab sich beim ersten Spiel: “Le cadavre – exquis – boira – le vin – nouveau”: Der exquisite Kadaver wird neuen Wein trinken – dem das Spiel seien Namen verdankt. Das kann ebenso mit Zeichnungen gespielt werden (vom unteren Ende des Blattes angefangen), wobei es zu wahrlich surrealistischen Gebilden kommen kann.
Gute Unterhaltung!
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