Vielerorts wird in diesem Jahr des Ausbruchs des 1. Weltkrieges vor einhundert Jahren gedacht. An der iDSB wurde aus diesem Anlass, in Zusammenarbeit mit dem Lycée Français Jean Monnet (Brüssel) und der DY Patil International School (Antwerpen) ein besonderes Projekt ins Leben gerufen: Jugendliche aus verschiedenen Nationen begaben sich gemeinsam auf Spurensuche und setzten sich mit dieser bis heute zutiefst verstörenden, schwer begreifbaren Epochenzäsur auf künstlerische Weise auseinander. Die dabei entstandenen Werke fanden bereits bei der feierlichen Ausstellungseröffnung am 19. November 2014 weit über die Grenzen der Schulgemeinde hinaus Beachtung.
Prominente Gäste zur Ausstellungseröffnung
„Eine beeindruckende Ausstellung zu einem bedrückenden Thema!“, mit diesen Worten fasste François-Xavier Reymond, Premier Conseiller der Französischen Botschaft in Brüssel, seine Impressionen vom Rundgang durch die Ausstellung zusammen. Andere prominente Gäste waren Dr. Eckart Cuntz (Deutscher Botschafter im Königreich Belgien), Annie Ferguson (Kultur-Attachée der Britischen Botschaft), Evelyne Regniez (Direktorin des Lycée Français Jean Monnet) und Edmond Maher (Leiter der DY Patil International School). Und so führten die Schüler Anna Rabea Sunnus, Freya Susanne Gronemeier und Lorenço Mosqueira Do Amaral zu Beginn des Abends die illustre Gästeschar dreisprachig durch die Schau und erläuterten fachkundig die Exponate.
Kreative Annäherung durch „ästhetische Forschung“
Aus der aktuellen Kunstdidaktik stammt das innovative Konzept der „ästhetischen Forschung“. Dabei geht es darum, dass der Einzelne, ausgehend von einem konkreten Gegenstand, einem literarischen Motiv oder einem Begriff, eigene Fragen zum Thema entwickelt, diesen intensiv nachgeht und als Produkt seiner Auseinandersetzung selbstständig ein Kunstwerk kreiert.
Die Teilnehmer des schul-, nationen-, und fächerübergreifenden iDSB-Projekts suchten im Rahmen einer „Dachbodenforschung“ originale Erinnerungsstücke aus der Zeit des 1. Weltkrieges, sammelten Zeitungsberichte, besorgten einschlägige Bücher und Filmdokumentationen und griffen philosophische Stellungnahmen zum Phänomen „Krieg“ auf.
Die praktischen Ergebnisse dieser Arbeit überzeugten die Ausstellungsbesucher vor allem durch ihre Vielseitigkeit: Es entstanden kleine Gemälde, Zeichnungen und Collagen, aber auch Foto-Serien, Filme und Installationen. Die Erfahrungen von Künstlern und Literaten im Ersten Weltkrieg waren ebenso Gegenstand der Beschäftigung wie die Formen der Kriegspropaganda im Vergleich mit Propagandamitteln aus jüngerer Zeit. Die Schüler stellten über die reine Ereignisgeschichte hinaus vielfältige philosophische, soziologische und psychologische Überlegungen an.
Krönung der Ausstellung war ein deutsch-britisch-französisches Triptychon, das die Empfindungen der Schüler eindrücklich zusammenfasst.
„1913: Der Sommer des Jahrhunderts“ als besondere Anregung
Der Bestseller von Florian Illies war dabei für die Schüler der zwölften Jahrgangsstufe eine weitere, außergewöhnlich große Inspiration, wandte der Autor doch darin selbst eine Art literarischer Collagentechnik an, um anhand biographischer Skizzen und Anekdoten aus dem Leben der künstlerischen Avantgarde dieser Zeit ein Panorama dieses schicksalhaften letzten Vorkriegsjahres zu entwerfen. Im zweiten Teil des Abends präsentierten die Schüler die im Roman erwähnten historischen Ereignisse, wie bei Illies nach Monaten gegliedert, und stellten einen Künstler ihrer Wahl vor. So vermittelten sie den Zuhörern etwas von dem Lebensgefühl dieser Zeit, in der man sich einen Krieg jedenfalls dieses schrecklichen Ausmaßes nicht vorstellen konnte und der Katastrophe doch so ungeheuer nahe war.
Höhepunkt eines einjährigen Projekts
Ausstellung und Abend waren der Höhepunkt eines einjährigen Projekts der drei genannten Schulen.
Zunächst hatten Lehrer aller drei Schulen im Herbst 2013 die flandrischen Gedenkstätten des 1. Weltkrieges aufgesucht.
Danach folgte ein Sonnabend-Treffen der Schülerinnen und Schüler, auf dem man sich kennenlernte und die Projektplanung ausarbeitete: Fächerübergreifend (mit Beteiligung der Fächer Geschichte, Kunst, Deutsch und Philosophie) sollte getrennt und gemeinsam nach Erinnerungen an den „(The) Great War 1914-1918“ vor Ort und in den Familien gesucht werden. Besonders eine Fotoexkursion nach Ypern lieferte eine Menge Material als Grundlage für die weitere künstlerische Gestaltung.
Im Mai schließlich hatten die Schülerinnen und Schüler aller drei Schulen die Friedhöfe „Essex Farm Military Cemetery“, Langemarck und „Tyne Cot Commonwealth War Graves Cemetery and Memorial to the Missing“ sowie Ypern mit seinem Museum „In Flanders Fields“ und dem „Menenpoort“ besucht. Dort fand ein nepalesischer Schüler der DY Patil International School den Namen seines im Krieg gefallenen Urgroßvaters. Es berührte das Publikum am 19. November sehr, als er seine Erzählung vom Fund mit den Sätzen beendete:
„Two hundred years ago, Britain and Nepal fought against one another. One hundred years ago, they fought together in Flanders Fields. This year, I found my great-grandfather’s name inscribed on the Menen Gate Memorial.”
Die Ausstellung geht auf Reisen
Triptychon und Fotoarbeiten werden als Wanderausstellung zunächst ab Anfang Dezember in der DY Patil School, ab Mitte Januar in der Deutschen Botschaft Brüssel und im Anschluss am Lycée Française Jean Monnet in Brüssel zu sehen sein.
Die Leiterin des Lycée Français Jean Monnet, Evelyne Regniez, und der Leiter der DY Patil School, Edmond Maher, betonten zum Schluss: „The Project was a wonderful learning opportunity for the students. We are glad that our students were exposed to such a high quality level of organization.”
Text und Fotos: Christine Wolfhagen, Sabine Kütt, Iris Kaes, Jürgen Langlet
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