Von Marion Schmitz-Reiners.
Jürgen Claus, weltweit der Pionier der Unterwasserkunst, stellt zurzeit im Eupener IKOB aus. Das ostbelgische Museum für Zeitgenössische Kunst vermittelt auf der Ausstellung „Je suis atoll“ einen Überblick über das Schaffen des 82-jährigen Künstlers, Denkers und Autors, für den das Meer und die Sonne unerschöpfliche Quellen künstlerischer Inspiration sind. Dabei ist der 82-jährige „Achtundsechziger“ vom Gedanken der Ökologie getrieben: Mit den Mitteln der Kunst will er der Zerstörung der Welt entgegenwirken. Eine phantasievolle Werkschau, die noch lange im Betrachter nachwirkt.
Im IKOB trifft der Besucher auf drei „Atolle“: Ensembles achteckiger Tische mit Büchern, Fotos, Briefen, Manuskripten, Zeichnungen, Skizzenbüchern, Modellen und Kristallen. Manche Dokumente sind durch Glasplatten geschützt, in einigen Büchern und Manuskripten kann man blättern. An den Wänden hängen Collagen und Gemälde von Jürgen Claus. Ein ratternder Projektor wirft Dias an die Wand, die Claus bemalt und bearbeitet hat. In einem Saal sind verfremdete Filmaufnahmen zu sehen, die die Schönheit und Eleganz der Unterwasserwelt erahnen lassen: Taucher schweben durch Korallenriffe, der psychedelische Soundtrack tut sein Übriges.
Der Gesamteindruck ist überwältigend. So schön kann unser Planet sein, wenn man ihn respektiert! So universal sind kristalline Strukturen! Die Zeichnungen und Entwürfe beispielsweise der Claus‘schen Flugmaschinen zu begreifen, das ist vergebliche Mühe. Aber sie wirken aufs Auge und bestechen durch ihre Ästhetik. Und sind Träume nicht ebenso real wie die Wirklichkeit?
Seit dreißig Jahren leben Jürgen Claus und seine Frau Nora im ostbelgischen Baelen. Den Bauernhof in grüner, sanfter Hügellandschaft entdeckte das Paar, als Claus an der Kunsthochschule für Medien in Köln lehrte. Im heutigen Atelier des ehemaligen Hofes, einst der Kuhstall, herrscht das geordnete Chaos, Betonung auf Chaos. Die riesige Bibliothek, das ebenfalls riesige Archiv, Unmengen von angefangenen Bildern und Entwürfen, Stapel von fertigen Bildern – das alles überzeugte IKOB-Leiter Frank-Thorsten Moll, Jürgen Claus eine Werkschau zu widmen. Moll hätte am liebsten alles in IKOB transportiert. Das war räumlich nicht möglich. Aber auch die 150 ausgestellten Objekte reichen, um einen Einblick in den phantastischen Kosmos des Künstlers zu vermitteln.
Bekannt wurde Jürgen Claus in den späten 1960er und den 1970er Jahren durch spektakuläre Unterwasser-Kunstereignisse. Er brachte im Meer Skulpturen zum Klingen und Fackeln ans Brennen. Mit Hans Hass und Jacques-Yves Cousteau tauchte er in allen Ozeanen der Welt. Er organisierte Unterwasser-Performances in Australien, in der Karibik und im Roten Meer. Zusammen mit Nora Claus gestaltete er später Solarskulpturen im öffentlichen Raum.
Die „Expansion der Kunst“ ist das Credo von Claus. Zitat: „Der Frage ‚Was tun mit der Kunst‘ (ist) nicht auszuweichen. Sei klebt sich wie Schleim an jedes Kunstwerk (…) Ich selber zog die Konsequenzen mit einer Erweiterung künstlerischer Aktivitäten in weiteste Bereiche der Umwelt, oder besser: der Biosphäre. Der Planet Meer war mein eigener Aufbruchsplanet. Ich nahm die verfügbaren Medien ins Meer. (…) Und übersetzte medial dieser Erfahrung. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.“
Eine Ausstellung, die den Umweg lohnt.
„Je suis atoll – Bilder und Medien 1968.2018“, noch bis zum 27. Mai.
IKOB, Rotenberg 12b, 4700 Eupen
Geöffnet Mi. bis So. von 13-18 Uhr.
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