Oben ist die Kirche der Dominikaner und unten in der Gruft üben die Debütanten ihre Schritte für den Wiener Ball. Wienerischer könnte es eigentlich kaum sein. Zugegeben: es handelt sich nicht um eine richtige Gruft, sondern um einen Mehrzweckhallenraum neueren Datums.
Wivine de Vuyst, die seit 30 Jahren versucht, angehenden Tanzpaaren die richtigen Schritte beizubringen, kam eher zufällig zu diesem Übungs-Ort in der Ferme Froidmont in Rixensart. In ihrem vorletzten Haus hätte es genug Platz für Tänzer gegeben, aber seit fünf Jahren lebe sie etwas beengter. Und so fragte sie in der Kirche um Rat. Sie könne unten proben – hieß es zu ihrer Verblüffung – allerdings nicht während des Gottesdienstes.
„Tanzt, amüsiert euch, vergesst das Lächeln nicht“, ruft Wivine de Vuyst den Paaren zu, die seit letztem Oktober Woche für Woche für den großen Auftritt am 10. Februar im Concert Noble trainieren. 16 Paare werden diesmal dabei sein, die Belgier dominieren. Ansonsten: 2 einzelne Deutsche, 4 Österreicher und – wie schon mehrfach – ein Chinese.
„Eins, zwei, drei,
vier, fünf, sechs“
zählt die Tanzlehrerin. „Schultern zurück“, das nächste Kommando. „Lang, kurz, kurz“ und vor allem „Lächeln“. Partnerwechsel wird auch geübt: schließlich muss man mit jedem gleich gut tanzen können.
100 Euro kostet der Kurs und am besten meldet man sich gleich als Paar an (das ist aber nicht Vorschrift). Teurer wird dann schon die Ausstattung für den Ball. 3.500 Euro koste ein neu gekauftes Ballkleid in Brüssel; für ein geliehenes Kleid müsse frau etwa 350 Euro hinblättern und es sei überhaupt gar nicht so einfach in der belgischen Hauptstadt etwas Ansprechendes zu finden. In Wien sei das ganz anders, sagt eine der Tänzerinnen.
Männer haben es da wiederum ganz preiswert: sie sind schon mit 128 € für einen geleasten Frack (der mit den Schwalbenschwänzen) mit von der Partie.
Passt denn der Drill für den Walzer und andere Tänze überhaupt noch für Jugendliche unserer Tage? Sie behaupten, dass ja. Sicher haben manchmal die Eltern, überwiegend die Mütter, einen Anstoß gegeben. Aber „wir hätten uns nicht zwingen lassen“. Das glaube ich aufs Wort: alle haben sichtlich Spaß an der Freud.
Da bleibt uns nur noch, allen Debütierenden und allen Teilnehmern des Wiener Balls einen wunderschönen, rauschenden Abend zu wünschen. Wer nicht dabei sein kann, kann am 11. Februar bei uns nachlesen, wie es gewesen ist. Vermutlich wie immer: ein Höhepunkt der Brüsseler Ball-Saison.
Fotos: Michael Pindter
Autor: Hortense Hörburger
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