Von Rainer Lütkehus.
Die Belgier lieben ihre Autos. In den letzten 30 Jahren hat sich der Autobestand in Belgien von 3,8 Millionen auf 5,8 Millionen deutlich erhöht. Das Land verfügt über zwei Werke, in denen Pkw montiert werden: Im E-Autowerk von Audi in Brüssel und im Werk von Volvo in Gent, wo bereits heute und ab 2030 dann ausschließlich batteriegetriebene E-Autos vom Band fließen. Da verwundert es nicht, dass die grüne Energieministerin Tinne Van der Straeten und der grüne Verkehrsminister Georges Gilkinet das Ende der Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren beschleunigen wollen.
Derzeit sind E-Autos in Belgien im Kommen, die Zahl der neu zugelassen E-Autos nimmt rasant zu. Doch im Straßenbild sind sie noch wenig sichtbar, denn der Anteil an den Gesamtzulassungen lag 2020 bei nur 3,5 Prozent. Das sind zwar 300% mehr als noch vor zehn Jahren, aber am Bestand machen sie nur 0,3% aus. Damit liegt Belgien deutlich unter dem EU-Durchschnitt von rund elf Prozent. Lieber kaufte man in Belgien offenbar Hybridelektrokraftfahrzeuge. Immerhin elf Prozent der Neuzulassungen 2020, machen die mit einem Verbrennungsmotor und einem Elektromotor ausgestatteten Pkw aus. Klimaschützer kritisieren allerdings, dass der Elektromotor bei diesen Fahrzeugen fast gar nicht eingesetzt wird. Die meisten Neuzulassungen waren, wie der belgische Verband der Autoindustrie Febiac berichtet, auch 2020 die Benziner, mit 52% und die Diesel-Pkw mit immerhin noch 33%.
Die Elektroautos sollen helfen, die Co2-Emissionen Belgiens pro Gefährt zu reduzieren. Denn der Verkehrssektor ist für fast 30 Prozent der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich, 72 Prozent davon entfallen auf den Straßenverkehr. Tendenz sogar steigend. In einem Plan hat Belgien der EU-Kommission zugesagt, im Transportbereich 27 Prozent der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 einzusparen. Aber die EU-Kommission bezweifelte im vergangenen Oktober, dass es dies schafft. Zudem wird sie im kommenden Juni noch strengere Vorgaben für den Transportbereich vorschlagen. Der Pkw-Bestand in Belgien wird jedoch immer älter, laut Febiac lag er 1993 im Durchschnitt bei 6,5 Jahre, heute dagegen bei über neun Jahre und trägt damit wenig zur Co2-Minderung bei. Das heißt, viele Fahrzeuge, die jetzt neu zugelassen werden, werden auch noch 2030 in Belgiens Klimabilanz negativ zu Buche schlagen und seiner Luftqualität schaden.
Um die Klimaziele zu erreichen, dürfen die Autohersteller schon nach derzeit geltender Regelung 2025 nur noch Neuwagen auf den europäischen Markt bringen, die 15 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) ausstoßen als die, die sie im Jahre 2021 verkaufen. 2030 müssen es dann 37,5 Prozent weniger sein. Daher nehmen politische Diskussionen um Zulassungsverbote von neuen Autos mit Verbrennungsmotor europaweit zu. Acht Länder, von Frankreich über Slowenien bis Niederlande oder Norwegen, wollen sie bis spätestens 2040 einführen. Belgien muss jedoch nicht unbedingt auf eine Verschärfung der EU-Klimaziele warten, um eine Ende der Verbrennungsmotoren im Land einzuläuten. Es könnte eine eigene Kohlenstoffsteuer einführen und die steuerliche Begünstigung von Firmenwagen abschaffen. 17 Prozent aller in Belgien zugelassenen Autos sind Firmenwagen. Es könnte überdies selber das Enddatum für Verbrennungsmotoren auf seinem Territorium festlegen, wie es die acht europäischen Länder schon vorgemacht haben.
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