Von Walter Grupp.
Als belgieninfo.net begann, sich mit Flüchtlingspolitik und den Menschen, die hier Asyl suchen, zu beschäftigen, sind wir Elysée Mink begegnet, einer jungen Künstlerin, die noch nach ihrem Weg sucht. Sie hat in Brüssel an der ENSAV–LA CAMBRE Kunst studiert, sich aber früh auf fein konstruierte Zeichnungen von vielsagenden Blicken, Gesichtern, sogar von ganzen Schicksalen – so von Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan oder Tschetschenien – konzentriert.
Sie bringt besonders mit ihrer Flüchtlingsserie auf den Punkt, was man mit Worten schwer beschreiben kann. Sie gibt dem Fluchtweg ein Gesicht. Sie bringt den exakt nachgezeichneten Reiseweg, einen wenig geradlinigen, eher hoffnungslosen Irrweg aufs Papier. Im Hintergrund erscheint dann mehr oder weniger klar das Gesicht des nicht immer glücklich Angekommenen. Damit modelliert sie die Wirklichkeit, womit Kunst erst entstehen kann. Denn ein Fluchtweg wie die Balkanroute ist ohne dieses Gesicht nur ein Kartenabschnitt. Diese Form des Zeichnens ist ein gut geratenes Schulbeispiel für den sogenannten Hyper– bzw. Superrealismus, der die Fakten überschärft wiedergibt.
„Blicke“ und „Identität“
Dabei muss Kunst keinesfalls schockieren, um auf den Betrachter einzuwirken. Kunst kann auch als humanitäre Handlung verstanden werden. Sie will die Menschen einfach positiv berühren. Das ist Elysée Mink mit dieser Reihe gelungen.
Mit einer anderen Serie „Blicke“ schafft sie es, den Betrachter ins Grübeln zu bringen. Er muss den Augenausdruck deuten. Dabei hat sie hauptsächlich Personen aus ihrem Umfeld gezeichnet. Es kommt einem so vor, als ob man selber angeschaut wird.
Unter dem Kapitel „Identität“ schafft sie es, den Ernst, aber auch die Würde eines Obdachlosen wiederzugeben. Manchmal auch mit einen bitteren Zug um den Mund herum. Nicht selten findet man diese Details auch bei solchen, die meinen, viel Gutes tun zu müssen.
Schon die Visite ihrer Webseite gibt einen umfassenden Einblick in diese besondere Form des Hyperrealismus.
In einer Kunstwelt, in der es oft nur um viel oder wenig Farbe geht, bereichert Elysée Mink die Szene mit ihrem ganz anderen, eigenen Akzent. Sie bearbeitet die Wirklichkeit nicht gleich mit einem Hammer, sondern hält einen feinen Meißel dazwischen. Damit erreicht sie den Betrachter meistens empfindlicher.
Derzeit sind einige ihrer Bilder in Art’mazone@Amazone, rue du Méridien 10, 1210 Bruxelles zu sehen.
Fotos/Zeichnungen: (c) Elysée Mink.
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