Von Angela Franz-Balsen.
Tausende Expats gibt es in Brüssel – sie kommen und gehen. Anfangs müssen viele von ihnen lernen, den Alltag auf Französisch zu meistern. Etliche Newcomer haben zudem kaum Freunde und Bekannte, mit denen sie in der Freizeit etwas unternehmen können, zum Beispiel die Geheimnisse der Cuisine Franco-Belge kennen zu lernen. Catherine Reckmann, Köchin aus Leidenschaft, hat ihren kombinierten Koch- und Sprachkurs genau auf diese Zielgruppe zugeschnitten. „Viele Fliegen mit einer Klappe schlagen“, das ist das geniale Rezept von „ParlonsCuisine“.
Ein Rote-Beete-Risotto mit Rosmarin, als Beilage zum Fisch, dieses Rezept lässt mein Köchinnen-Herz höher schlagen, als ich den Newsletter von ParlonsCuisine für die Menüs im März in meiner Mailbox finde. Und dann noch eine Limettencreme zur Apfeltarte, mit der ließe sich sicher so manches Dessert aufpeppen. Also melde ich mich schleunigst an bei Catherine Reckmann, dem Multi-Talent für gehobene Küche aus aller Welt, kurzweiligen Sprachunterricht und Kommunikation im Allgemeinen.
An diesem Mittwochabend sind wir zu fünft, Karin und Claudia sind Stammkundinnen wie ich, Renate war länger nicht hier, und Kristina ist zum ersten Mal dabei. Sie kommt aus Estland, ist erst seit einem halben Jahr in Brüssel, arbeitet im EU-Bubble – ein klassisches Teilnehmerinnen-Profil. Catherine Reckmann selbst ist Französin, verheiratet mit einem Deutschen, dessen Beruf sie vor rund 10 Jahren nach Brüssel führte. Deshalb ist ihr die Expat-Situation aus eigener Erfahrung vertraut.
Küchenhandtuch vor dem Bauch
Wir greifen nach den buntbebilderten Rezeptbögen, die auf einem Stehpult im Salon der geräumigen Altbauwohnung bereitliegen. An dem großen, feierlich gedeckten Esstisch vorbei sammeln wir uns in der Küche, Schürzen werden über den feinen Bürodress gezogen. Die alten Hasen zeigen Kristina, dass an den Schnürbändern ein kleines Küchenhandtuch vor dem Bauch befestigt wird, einer der vielen praktischen Tricks, die man nach einem Abend bei Catherine mit nach Hause nimmt. Bis alle einsatzbereit sind, machen wir Smalltalk und klopfen uns auf die Finger, wenn wir vergessen, dass hier nur Französisch gesprochen wird. Hungrige schieben sich schnell noch ein Stück Baguette mit Butter und Würzsalz in den Mund, dann geht es aber an den Arbeitstisch, wo pro Nase eine Holzplatte, verschiedene Messer sowie ein Eimerchen für Abfälle bereitstehen.
Wir beginnen mit der Herstellung einer „Pâte brisée“ für das Dessert, deren Geheimnis die Verwendung kalter Zutaten (Butter und Wasser) ist, selbst die Hände sollte man mit kalten Wasser kühlen, so demonstriert es uns Catherine. Dann wandert der Teigklumpen in den Kühlschrank und wir wenden uns dem Hauptgericht zu.
“Prendre les gants” übersetzen
Beim Diskutieren der Frage, ob sich zum Schälen roher Roter Beete das Tragen von Gummihandschuhen angesagt ist, landen wir bei einer Spitzfindigkeit der französischen Sprache: „prendre des gants“ heißt „mit Samthandschuhen anfassen“, ach so, „utiliser des gants“…. müsste es hier heißen.
Inzwischen ist das Eis zwischen den Teilnehmerinnen gebrochen und wir verständigen uns mühelos über die Arbeitsteilung: Drei schneiden die Roten Beete in Stückchen, Karin hackt den Knoblauch und Claudia schmort die Zwiebeln an. Dann Gemüse und Knoblauch dazu, herrlicher Duft breitet sich aus. Als das Risotto auf gutem Weg ist, erklärt Catherine, was mit dem Lachs geschehen soll: Wir lernen die Haut zu entfernen und vom grauschimmernden Fett zu befreien, dann verfolgen wir staunend, wie die Hautstücke für den Ofen vorbereitet werden, sie sollen als essbare Deko an späterer Stelle wieder auftauchen. Das Lachsfilet kommt in einen japanischen Bastkorb, die schonendste und saftigste Variante der Zubereitung.
Kaum, dass wir ein wenig miteinander plaudern, stellt Catherine Äpfel und Schäler vor uns hin. Wir organisieren uns zum Schälen, Schneiden und kunstvollen Belegen der Apfeltarte. Butter und Zucker drauf und ab in den Ofen, aus dem die krossen Fischhäute gerade entnommen wurden. Wir dürfen mal probieren, es schmeckt würzig und ungewöhnlich.
Konzept aufgegangen
Fast schon 21 : 00 Uhr, wir haben jetzt richtig Hunger, schon mal einen Schluck Wein nehmen, und dann drängeln wir uns alle um den Arbeitstisch und schauen zu, wie Catherine den ersten Teller anrichtet. Das müssen wir jetzt auch so gut hinbekommen. Teller um Teller erscheint am Tisch, die Stammkundinnen machen schnell ein Foto zur Dokumentation, und dann – nach kurzer Pause – ein gemeinschaftfliches Aufseufzen: Schmeckt das herrlich!
Das gute Essen ist einer der Gründe, warum die Mehrzahl der Teilnehmenden immer wieder an einem Abendkurs teilnimmt. „Mein doppeltes Konzept ist total aufgegangen“ sagt Catherine Reckmann. „Die Leute kommen mit dem Hauptanliegen „Sprache lernen“, direkt danach kommt aber das Kochen und die Freude am guten Essen“. Und die teilt die Französin mit ihren Schülerinnen und Schülern. Sie wuchs in einem Elternhaus auf, in dem viel Wert auf gute Küche gelegt wurde, die Feinheiten der Haute Cuisine hat sie quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Aber auch als Sprachlehrerin ist sie qualifiziert, da sie ihre Berufsausbildung mit einem Sprachstudium begann.
Beim gemeinsamen Dinieren am großen Tisch lenkt sie geschickt die Konversation über Politik, Kultur und das, was die jeweiligen Teilnehmenden über ihre Herkunftsländer oder ihre Jobs erzählen mögen. Das ist nicht nur sprachlich eine Herausforderung, sondern auch spannend, wann sonst hat man die Gelegenheit, mit Menschen aus Russland, Estland, Irland, Rumänien oder Japan in Ruhe diskutieren zu können. Etliche Freundschaften sind hier schon entstanden. Japanerinnen und Japaner erwiesen sich als besonders wissensdurstig, denn die müssen neben der Sprache von Grund auf die europäische Küche, deren Zutaten und auch die Handwerksgeräte kennen lernen. Gerade letztere kann man bei Catherine bestens kennenlernen, denn in ihren Kursen bringt sie immer die ausgefallendsten Küchengeräte zum Einsatz und verrät auch, wo sie die gekauft hat.
Die Ärztin Christiane fasst das, was sie bei ParlonsCuisine gelernt hat, in einer Dankesmail zusammen. Stolz berichtet sie, wie sie für ihre Eltern in Deutschland das Weihnachtsmenü von ParlonsCuisine gekocht hat, und erklärt dazu: „Ohne deine Kurse, deine kenntnisreichen Erklärungen und sanften Anleitungen hätte ich mir das niemals zugetraut ….. Ich habe übrigens auch meine Küche besser organisiert, diverse Utensilien gekauft, Mut gefasst und koche mich durch die gesammelten Rezepte. Manche gelingen ganz gut, andere eher nicht, aber dank deiner Hilfestellung verstehe jetzt einfach besser, wie man an sowas rangeht. MERCI beaucoup!“
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Alle Infos zu Konzept und Kursen von ParlonsCuisine unter www.parlonscuisine.be
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