Mit einem Mini-Oktoberfest hat die Bayerische Staatsregierung das 25jährige Bestehen ihrer Vertretung bei der EU in Brüssel gefeiert. Das im Innenhof der Vertretung im Parc Leopold extra für diese Feier errichtete weiße Festzelt konnte die über 600 Gäste kaum fassen „Wir Bayern können Feiern“ hatte die bayerische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Emilia Müller – sie erschien stilgerecht im Dirndl – gleich zu Beginn der Feier verkündet. Sie sollte Recht behalten.
Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt; er ließ sich durch den deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger vertreten. Ministerin Müller konnte aber neben zahlreichen Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft auch die zwei Amtsvorgänger begrüßen, die federführend an der Einrichtung eines Verbindungsbüros und der späteren bayerischen Vertretung des Freistaats bei der EU beteiligt waren.
Staatsminister a.D. Georg von Waldenfels hatte 1988 ein Informationsbüro mit zwei Mitarbeitern in der Rue Montoyer einrichten lassen. Als Leitspruch für die Mission des Büros hatte er ein Zitat des Bayern-Königs Ludwig I (1825-1848) wie folgt abgewandelt: „Wir wollen Europäer sein und Bayern bleiben“. Bereits zwei Jahre später erfolgte dann der Umzug in zwei klassische Bürgerhäuser am Bvd. Clovis. Aber auch diese Gebäude erwiesen sich sehr bald als ungenügend.
Einmalig unter 300 regionalen Vertretungen
Im Jahre 2001 setzte dann der damalige Europaminister Reinhold Bocklet, der in Brüssel noch in bester Erinnerung ist, den Kauf des stark renovierungsbedürftigen ehemaligen „Institut Pasteur du Brabant“ im Bayerischen Landtag durch. Der Preis für Kauf, Umbau und Modernisierung belief sich auf fast 30 Millionen Euro. Dies hatte nicht geringe Kritik und auch Spott ausgelöst. Opposition und Medien sprachen von einem neuen Bayern-Schloss in Brüssel und tauften es „Neuwahnstein“. Reinhold Bocklet ist jetzt Vizepräsident des Bayerischen Landtags. Im Gespräch mit Belgieninfo erzählte er, dass vor diesem Kauf noch mehrere andere Objekte zur Wahl standen; er schätzt, dass der Gebäudekomplex der Bayern-Vertretung heute glatt das Doppelte wert sei.
Nach mehrjährigen Umbauarbeiten konnten die Bayern ihr luxuriöses Domizil dann im Jahre 2004 beziehen. In der Tat kann dieses Ensemble wegen seiner Architektur, seiner Lage, seiner Größe und Funktionalität als einmalig unter den rund 300 regionalen Vertretungen in Brüssel bezeichnet werden.
Europa ist unsere Zukunft
Für Ministerin Emilia Müller hat sich Bayern aber auch unter dem Aspekt der politischen Einflussnahme und Mitwirkung eine Spitzenstellung erarbeitet; diese soll weiter ausgebaut werden. Wörtlich fügte Frau Müller hinzu: „Wir stehen zur Zusammenarbeit in Europa, zur regionalen Vielfalt, zum Subsidiaritätsprinzip. Wir sind stolz auf unsere Heimat und wollen als starke Region mit über 12,5 Millionen Einwohnern unseren Beitrag für ein starkes Europa leisten“. Und sie erinnerte an einen viel zitierten Ausspruch des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, der bei so einer Feier nicht fehlen durfte: „Bayern ist unsere Heimat, Deutschland unser Vaterland, Europa unsere Zukunft“.
Die Bayerische Staatsregierung hatte wohl früher als andere Regionen erkannt, dass sich Entscheidungen der EU immer stärker auch auf Regionen und Kommunen auswirken. Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer permanenten Information der Regionen, aber auch ein Anspruch auf Mitwirkung und Beeinflussung der Entscheidungen auf EU-Ebene.
So ist es verständlich, dass sich die Mitarbeiterzahl der Vertretung von zwei im Jahre 1988 auf heute 33 erhöht hat. Unter den bisher sieben Chefs der Vertretung waren bzw. sind vier Frauen – was viele von Bayern sicherlich nicht erwartet hätten. In der Vertretung finden jährlich rund 300 Veranstaltungen mit etwa 15.000 Gästen statt. Zusätzlich kommen etwa 8.000 Personen mit Besuchergruppen, die meisten aus der bayerischen Heimat. Nicht zu vergessen das Oktoberfest, das die EU-Vertretung alle zwei Jahre in Brüssel organisiert.
Kultband Haindling begeistert im Festzelt
Die jetzige Leiterin, Dr. Angelika Schlunck, war übrigens die erste, die sich von den rassigen Melodien der bayerischen Kultband „Haindling“ zum Tanzen animieren ließ „Haindling“ ist der niederbayerische Heimatort des Bandleaders Hans-Jürgen Buchner. Für ihn war „alles gut“ in Brüssel. Seine Musiker bewiesen im Festzelt, dass im bayerischen Dialekt mehr als biedere Volksmusik geboten werden kann. Eines ihrer ersten Lieder hatte übrigens den Titel „Du Depp, du Depp, du depperter Depp“. Unter den Festgästen begann nun das große Rätselraten, wer damit wohl gemeint sein könnte…..
Günther Oettinger überbrachte die Glückwünsche der Europäischen Kommission. Er verwies auf die Vielfalt der deutschen Bundesländer, die sich auch in Brüssel zeige, und er lobte die „Qualität“ der bayerischen Europa-Abgeordneten. Zur aktuellen Politik meint er, man habe die Lage annähernd im Griff. Mit dem sehr begrenzten Haushalt der EU könne man die Probleme nicht lösen. Der britische Premierminister David Cameron hat den Finger in die Wunde gelegt. Es sei eine historische Aufgabe, die Briten in der EU zu halten. Im Hinblick auf die Europawahlen im Jahre 2014 forderte Oettinger eine 3%-Sperrklausel für den Einzug ins EP. Bei der jetzt geltenden 1%-Grenze befürchtet er eine Zersplitterung auf zu viele kleine Parteien und Gruppen im künftigen Europäischen Parlament.
Egon C. Heinrich
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