Von Heide Newson.
In Zusammenarbeit mit Tempora, italienischen Partnern und großen Museen brachte das „Museum of Europe“ die einzigartige Ausstellung „Pompeji, the immortal city“, als Premiere nach Brüssel. Sie wird bis zum 15. April in der Brüsseler Börse gezeigt. Mehr als 100 Funde, alles Originale, veranschaulichen wie das naturwissenschaftliche und technische Wissen der Römer zum Einsatz kam, wie sie lebten, und wie sie mit Naturgewalten umgingen. Darüberhinaus werden originalgetreue Rekonstruktionen von Maschinen gezeigt, die in einer weiterentwickelten Form noch heute zum Einsatz kommen.
Zudem lässt die Ausstellung den Ausbruch des Vesuvs miterleben und das gesamte Drama in einer spektakulären 3D Rekonstruktion, Revue passieren.
Es gab zahlreiche Warnzeichen. Dennoch kam der Ausbruch des Vesuvs am 24. August 79 nach Christus für die Bewohner von Pompeji überraschend. Es war ein lauer Sommermorgen, als an diesem Tag der Boden in Pompeji erneut schwankte.
Zu sehen ist in der nachgestellten Schau, wie der Donner einer gewaltigen Explosion die Bürger jäh aus ihrem Alltag reißt. Verschreckt sehen sie in Richtung des Vesuvs, von dem ein schreckliches Geräusch ausgeht. Schwarzer Rauch zieht in Richtung Stadt, der Himmel verdunkelt sich, es beginnt Asche und Bimsstein zu regnen. Panik greift um sich. Einige der Bürger fliehen, andere suchen Schutz in ihren Häusern. Gebete zu den Göttern werden gesprochen. Aber nichts hilft. Innerhalb von Minuten verfärbt sich der blaue Himmel in ein dunkles Schwarz.
„Etwa ein Drittel der Bevölkerung kam bei dieser Eruption ums Leben,“ erklärt Giovanni Di Pasquale vom Galileo-Museum, Florenz. „Die Menschen erstickten oder wurden durch herabfallendes Gestein erschlagen.“ Von den 20.000 Einwohnern seien später etwa nur 2000 gefunden wurden. Verschüttet wurde die Stadt, für Jahrhunderte geriet sie in Vergessenheit. Als Glücksfall aus heutiger Sicht für die Archäologie bezeichnet der Historiker diese Katastrophe. Der Vulkanausbruch habe das römische Alltagsleben wie eine zeitlich unverfälschte Momentaufnahme für die Nachwelt konserviert.
Lebendig wird die Geschichte der Einwohner Pompejis durch spektakuläre Funde, die unter den größten Sicherheitsmaßnahmen ihren Weg nach Brüssel, genauer in die Börse fanden. Zu erfahren ist, wie sie damals lebten, sich ernährten, wie sie Wein produzierten, wie sie ihre Stadt bauten, an Wasser kamen, und wie sie mit Ölivenöl als Energiespender ihre Häuser beleuchteten.
Einblicke in die Wohn-und Lebenswelt in Pompeji
In der Antike galt Pompeji, etwa zehn Kilometer südlich des Vesuvs gelegen, eine Stadt, die sich über eine Fläche von etwa 60 Hektar ausdehnte, als wohlhabend. Zu ihrem Schutz war sie von einer Mauer und Wachtürmen umgeben. Neben der Sicherheit wurde großer Wert auf Luxus gelegt. Die meisten Einwohner Pompejis lebten jedoch in beengten und einfachen Verhältnissen, was in der Ausstellung dokumentiert wird. In ihren Werkstätten bauten, entwarfen und formten sie die Stadt, die wir heute alle bewundern.
Besucher können sich von dem großen Wissen der damaligen Metallarbeiter, Steinmetzen oder Glasmacher überzeugen. Sie schufen einfache Häuser ebenso wie luxuriöse Paläste. Dabei benutzten die Römer, die als große Baumeister in die Geschichte eingingen, sehr präzise Instrumente und akkurate Messgeräte. Ihr naturwissenschaftliches Wissen versetzte sie in die Lage, mit einer komplexen Mechanik Wasserleitungen aus Blei zu verlegen. Auch im medizinischen Bereich waren sie ihrer Zeit weit voraus, was man in der Ausstellung bestaunen kann. Katarakt-Operationen, das orthopädische Richten von Brüchen, Zahnmedizin und vieles mehr gehörten zu ihrer Gesundheitspflege und medizinischen Versorgung.
Mit einer speziellen (kostenlosen) Audioführung kann der Besucher sogar am Leben einer römischen Familie teilnehmen, die vor dem Ausbruch des Vulkans von einer anderen Tragödie, und zwar einem schweren Erdbeben im Jahr 62 n.Chr. heimgesucht wurde. Erzählt wird die Geschichte von dem 17jährigen Caius, der im Jahr 62 nach Christi, kurz vor dem Ausbruch des Erbebens in Pompeji lebte, das einen Teil der Stadt zerstörte, und bei dem seine Mutter ums Leben kam. Nach ihrem Tod wurde er von seiner Tante Rectina großgezogen, die mit ihrem Ehemann Lucius Olivenbäume und Wein anbaute. Die Spannung steigt, als von Gladiatorenkämpfen, Sklaven, dem Bau von Thermenanlagen die Rede ist. Bei der Erzählung handelt sich um eine wahre Geschichte. Alle historischen Fakten wurden von Alain Bouet, Professor und Experte für römische Archäologie an der Universität von Bordeaux, auf ihre Echtheit geprüft. Alle überlieferten Geschehnisse, auch zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs, so erfahren wir, seien minutiös dokumentiert, nichts sei verfälscht dargestellt.
Goethe als Katastrophentourist
Schon kurz nach dem Untergang der Stadt wurden aus verschiedenen Gebäuden Wertgegenstände geborgen. Mehrere Marmorstatuen konnten gehoben werden, In den folgenden fast 17 Jahrhunderten wurde in den einfach zu erreichenden Ruinen nach wertvollen Schätzen gesucht und gegraben, wobei große Plünderungen stattfanden. Seit dem Jahr 1763 konnte man sodann das Grabungsgebiet besuchen. Prominente Besucher Pompejis in dieser Frühzeit der Ausgrabungen waren Johann Wolfgang Goethe, der mehfach in die römische Stadt reiste, und drei Mal den Vesuv bestieg. „Es ist viel Unheil in der Welt geschehen, aber wenig, das der Nachwelt so viel Freude gemacht hätte,“ sagte er. Auch Wolfgang Amadeus kam nach Pompeji, um sich ein vollständiges Bild vom Leben und Sterben dieser Stadt zu machen.
Selbst für Besucher, die die Stadt bereits kennen, und sich mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt haben, hat die Ausstellung viel Interessantes und Neues zu bieten. Eindrucksvoll, spektakulär, aber stets historisch korrekt, wird sie mit ihren Einwohnern zum Leben erweckt. Nicht umsonst läuft die Ausstellung unter dem Titel „Pompeii, the immortal city“. Pompeji lebt, ist unsterblich, was in dieser eindrucksvollen Präsentation verdeutlicht wird.
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