Politik

Eine starke Rede zum Festtag der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Von Heide Newson.

Nicht nur die Sonne strahlte, sondern vor allem Ministerpräsident Oliver Paasch, der sich darüber freute, dass mehr als 130 Gäste aus Politik und Wirtschaft am Festtag der Deutschsprachigen Belgier zu einem Empfang in die Brüsseler Vertretung gekommen waren.

Für ihr zahlreiches Erscheinen in diesem Jahr bin ich besonders dankbar, weil wir heute erstmals Konkurrenz bekommen haben. Der traditionelle Festakt zum Tag der Dynastie im Senat findet heute nicht wie üblich am Nachmittag statt, sondern in diesen Minuten – zeitgleich mit unserer Veranstaltung,“ sagte Paasch.

Aus diesem Grunde müssten die Gäste heute auf die Anwesenheit mehrerer Mitglieder der anderen Parlamente und Regierungen verzichten, die eigentlich kommen wollten.

Verzichten mussten sie vor allem auf die Anwesenheit von Didier Reynders, der eigentlich kommen wollte, es dann wegen der Terminkollision wohl nicht mehr geschafft hatte. Dabei hatte er sich schon so auf diesen Empfang gefreut. Den Festtag habe er schon fest in seinen Terminkalender eingetragen, hatte er mir am 18. Oktober während eines Empfangs im Restaurant „Aux Armes de Bruxelles“ freuestrahlend verraten. Alle Jahre wieder ist Belgiens Außenminister zum Festtag der DG eingeladen, und alle Jahre wieder feiert er gerne mit. Wie zu Hause fühle er sich bei seinen ostbelgischen Freunden.

Gesichtet wurden dagegen Flanderns Ministerpräsident Geert Bourgeois und der wallonische Ministerpräsident Willy Borsus, die sich angeregt mit den in- und ausländischen Gästen unterhielten. Und diese durften die beiden Politiker (fast) alles fragen. Vielleicht lag´s an der entspannten Atmosphäre….

Ministerrücktritte im Brexit-Land

Nur Großbritanniens Botschafterin, wenngleich liebenswert, charmant und „very british“, gab sich zum Brexit-Deal bedeckt. Kein Wunder…während Premierministerin Theresa May in London mit „jeder Faser ihres Seins“ ihren „Deal“ verteidigte, überschlugen sich die Ereignisse in Westminster. Es hagelte Rücktritte von ihren Ministern, alles besorgniserregende Nachrichten, die die Botschafterin inmitten des Empfangs erreichten. Dennoch eilte sie nicht von dannen…. die Ansprache von Oliver Paasch wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. Und diese war stark und einprägend, und das dann gleich in vier Sprachen.

Es ist zwar schon viel erreicht, aber noch lange nicht alles,“ so Ministerpräsident Oliver Paasch. In diesem Zusammenhang sprach er über die Internetverbindungen und Netzinfrastrukturen, in die es durch die Föderalregierung mehr zu investieren gelte, um den Standort Ostbelgien attraktiver zu machen. Weiter ging er auf die Reformen ein, die in den letzten Jahren mit Erfolg durchgeführt worden seien. Diese würden beweisen, dass man den Ostbelgiern zusätzliche Befugnisse anvertrauen könne.

Bekenntnis zu Europa

Größer sei die Deutschsprachige Gemeinschaft in den letzten Jahren geworden, aber nicht in Bezug auf ihre Einwohnerzahl, die mit 77.185 noch immer gering sei. Dafür seien aber die Zuständigkeiten der DG größer geworden. Im ostbelgischen Parlament gebe es einen breiten Konsens in der Frage, welche Zuständigkeiten die DG noch übernehmen wolle. „Mit Blick auf die Wallonische Region geht es aus unserer Sicht vor allem um die Provinzzuständigkeiten und den Straßenbau,“ erläuterte Paasch. Im Föderalstaat fordere er aber keine 7. Staatsreform. Falls es aber dazu käme, müsse Ostbelgien gleichberechtigter Partner im Lande werden.

Dann Paaschs unerschütterliches Bekenntnis zu Europa. Als Grenzregion, so der Ministerpräsident, brauchen wir Europa. Deshalb bereitet uns der Aufstieg von Populisten und Feinden der EU in vielen Mitgliedstaaten große Sorgen.

Dann seine starken mahnenden Worte, die in der Ohren der Besucher besonders haften blieben.

Die egoistische Parole, „ICH zuerst“, die mich immer an das Verhalten ungezogener Kinder im Kindergarten erinnert, schadet am Ende uns allen,“ fuhr er fort. Keine einzige Region und kein einziges Land in Europa sei in der Lage, den globalen Herausforderungen unserer Zeit alleine zu begegnen.

Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg sollten wir vor allem eines gelernt haben: Parolen wie „America first“, „ la France d`abord“, oder „Deutschland den Deutschen,“ seien Gift für die Menscheit, und noch immer Grund zu gewaltsamen Auseindersetzungen gewesen.

“Wir brauchen keinen Hass”

Wir brauchen keinen Hass, keine Abschottung, keine Isolation, keinen Protektionismus, nein, wir brauchen das Gegenteil von all dem. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit, mehr grenzüberschreitende Freundschaften, mehr europäische Integration und mehr Humanität.“ Und dafür werde sich die Deutschsprachige Gemeinschaft aus Überzeugung und aus Erfahrung, mit Blick auf seine Geschichte und Zukunftchancen immer einsetzen.

Das waren starke, glaubwürdige Worte, die während des anschließenden Empfangs, mit regionalen Köstlichkeiten, fröhlichen Gästen und Gastgebern, auch mit Blick auf den Brexit, für viel Gesprächsstoff sorgten.

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