Von Sibylle Schavoir
Auf dem Friedhof von Ohain/Lasne (Vororte von Brüssel) scheint sich endlich die Natur durchsetzen zu dürfen. Zwischen dem Kies wächst hier und da schon grünes Gras. Bald sollen die bisher einheitlich kiesbedeckten Alleen einem grünen Teppich gleichen, denn spätestens ab 2019 wird die Anwendung von Pestiziden ganz und gar verboten sein.
„Entweder wird man versuchen, irgendein Ersatzmittel zum schädlichen Unkrautvernichter zu finden, oder man entscheidet sich für die Biodiversität. Wir haben uns für letzteres entschieden“, erklärt Marie Sengier, Umwelt-Beraterin von Lasnes. Die Gemeinde erhielt Ende 2015 das wallonische Label „cimetière nature“ für ihren Einsatz in Sachen Umweltschutz mit Verzicht von Pestiziden auf Friedhöfen und öffentlichen Anlagen.
Und wird man auch das Aussterben der Insekten, Vögel und Fledermäuse verhindern können? Die Gemeinde Lasne verfolgt auch hier das gleiche Ziel: sie will alles Mögliche tun, um dem Aussterben dieser Tierwelt entgegenzuwirken. Auf dem Friedhof haben Friedhofswärter Insektenhäuschen aufgestellt und bei der Bepflanzung nur solche Pflanzen ausgesucht, die nicht nur eine lange Pollen-Blütezeit haben und das ganze Jahr über blühen, sondern die auch das Wachsen von Unkraut eindämmen können. Um Meisen anzulocken und ihnen Nistmöglichkeiten zu bieten, wurden Löcher in die Friedhofsmauern gebohrt. Auch für Käuzchen und Fledermäuse wurden Unterschlupfe eingerichtet, damit sie dort im Winter Schutz finden und im Frühling ihre Nester bauen können.
Alle diese Erneuerungen erfreuen ganz besonders die Herzen der Schulkinder von Lasne. Regelmäßig besuchen sie den Friedhof von Ohain, um sich dort vom Imker das Leben der Bienen in ihren Bienenstöcken erklären zu lassen. Kinder aus verschiedenen Schulklassen haben die Bienenstöcke bemalt und liebevoll dekoriert. „Wir haben wenig öffentliche Parkanlagen in Lasne“, bedenkt Marie Sengier. „Warum sollte man nicht auf dem Friedhof spazierengehen können? Selbstverständlich mit Respekt auf das Umfeld.“
Pascal Colomb ist Direktor von Ecowal, einer asbl, die den Gemeinden mit Rat und Tat bei der ökologischen Erneuerung auf Friedhöfen zur Seite stehen wird. In den 262 wallonischen Gemeinden gibt es 3.500 Friedhöfe, davon sollten möglichst schon viele ab 2019 einem Garten oder einem Park ähneln. 39 Friedhöfe haben bereits auf die Anwendung von Pestiziden verzichtet und 25 weitere haben dies vor. Und nun noch zum Kostenpunkt: Pestizide sind teuer, viel teurer als ein blühender Garten. Der muss zwar unterhalten und gepflegt werden, aber letztlich hilft auch die Natur bei der Pflege. Und sie dankt es uns, weil sie ohne Pestizide duftet und uns Besinnung, Freude und Gesundheit auf unseren Spaziergängen schenkt.
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